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Auswärtsspiel in Afrika: Was wollte der DDR-Sport 1965 im Kongo?

1965 nutz­te die DDR sport­po­li­ti­sche Kon­tak­te nach Zen­tral­afri­ka, um Ein­fluss zu gewin­nen, ihre diplo­ma­ti­sche Aner­ken­nung vor­an­zu­trei­ben und einen eigen­stän­di­gen Olym­pia-Start vor­zu­be­rei­ten. Der Sport­wis­sen­schaft­ler und His­to­ri­ker Dr. Dani­el Lan­ge erläu­tert die „Turn­schuh­di­plo­ma­tie“ zwi­schen Braz­z­aville und Leipzig.

Bei den All-Afri­ka-Spie­len 1965 in der Repu­blik Kon­go trieb die DDR ihre sport­po­li­ti­sche Aner­ken­nung vor­an. Abbil­dung: Post of Con­go, Repu­blic (Braz­z­aville), Public domain, via Wiki­me­dia Commons

Anfang 1965 reis­te mit Gerald Göt­ting der stell­ver­tre­ten­de Staats­rats­vor­sit­zen­de der DDR im Auf­trag des SED-Polit­bü­ros nach Gabun. Als Vize­prä­si­dent der Deutsch-Afri­ka­ni­schen Gesell­schaft zog ihn der 90. Geburts­tag von Frie­dens­no­bel­preis­trä­ger Albert Schweit­zer nach West­afri­ka, wel­cher dort als Arzt wirk­te und mit des­sen Popu­la­ri­tät sich die DDR gegen­über der Bun­des­re­pu­blik schmü­cken woll­te. Dabei son­dier­te Göt­ting, ob für Gabun die diplo­ma­ti­sche Aner­ken­nung der DDR in Fra­ge kam. Die BRD blo­ckier­te dies ab 1955 mit ihrer Hall­stein-Dok­trin, indem sie Dritt­staa­ten Sank­tio­nen androh­te. Gabun gab sich gegen­über Göt­ting reser­viert. Dafür stieß die­ser in der benach­bar­ten (ex-fran­zö­si­schen) Kon­go­le­si­schen Repu­blik mit ihrer Haupt­stadt Braz­z­aville auf Inter­es­se. Sofort galt Kon­go-Braz­z­aville im Außen­mi­nis­te­ri­um als „Sitz fort­schritt­li­cher Befrei­ungs­be­we­gun­gen“ mit „posi­ti­ver inne­rer Ent­wick­lung“, den man als „Stütz­punkt“ der DDR in Zen­tral­afri­ka nut­zen könn­te. Zügig grif­fen Netz­wer­ke unter­halb diplo­ma­ti­scher Ebe­nen. So ent­stan­den im Früh­jahr 1965 ein Han­dels­ab­kom­men mit den Kon­go­le­sen und die Freund­schafts­ge­sell­schaft Kongo-DDR.

Die DDR woll­te sich mit der Popu­la­ri­tät Albert Schweit­zers schmü­cken. Abbil­dung: Post of Con­go, Repu­blic (Braz­z­aville), Public domain, via Wiki­me­dia Commons

Antrag auf ein DDR-Olympiateam 1968

Als deren Funk­tio­nä­re die DDR besuch­ten, gab es ers­te Kon­tak­te zur Frei­en Deut­schen Jugend, zum Frei­en Deut­schen Gewerk­schafts­bund und auch zur Deut­schen Hoch­schu­le für Kör­per­kul­tur in Leip­zig, zum Deut­schen Turn- und Sport­bund (DTSB) und zum Natio­na­len Olym­pi­schen Komi­tee der DDR (NOK). Das war im Inter­na­tio­na­len Olym­pi­schen Komi­tee (IOK) nur unter Auf­la­gen aner­kannt. So blieb der DDR bis­her ein Start bei Olym­pi­schen Spie­len mit eige­ner Mann­schaft und eige­nen Staats­sym­bo­len wie Flag­ge und Hym­ne ver­wehrt. Hef­ti­ge deutsch-deut­sche Debat­ten tob­ten damals im IOK, da die BRD gegen jeg­li­che Auf­wer­tung der DDR im Welt­sport vorging.

Da im Juli 1965 in Braz­z­aville die ers­ten All-Afri­ka-Spie­le mit 2.500 Ath­le­ten aus 27 Staa­ten anstan­den, erwie­sen sich die Kon­go-Kon­tak­te für den DDR-Sport als Steil­vor­la­ge, um bei die­sen Kon­ti­nen­tal­spie­len eige­ne Inter­es­sen zu lan­cie­ren. Ein „streng ver­trau­li­cher“ Report des vor Ort wei­len­den NOK-Gene­ral­se­kre­tärs Hel­mut Beh­rendt gibt preis, dass sich hier die Chan­ce bot, im tiefs­ten Afri­ka bei den dort „zu erwar­ten­den inter­na­tio­na­len Sport­per­sön­lich­kei­ten” für die Voll­ak­zep­tanz der DDR im IOK und ihren sepa­ra­ten Olym­pia-Start zu wer­ben. Gemeint war damit spe­zi­ell IOK-Prä­si­dent Avery Brunda­ge, dem Beh­rendt in zwei „aus­ge­dehn­ten“ Gesprä­chen den „kon­se­quen­ten Stand­punkt“ einer „eige­nen Olym­pia­mann­schaft“ der DDR nahe­leg­te. Brunda­ge bestand zwar immer dar­auf, dass nur eine ver­ein­te deut­sche Olym­pia­aus­wahl sym­bo­lisch die Tei­lung Deutsch­lands über­win­den kön­ne. Doch hier ließ er Beh­rendt wis­sen, dass „es wohl doch zwei Mann­schaf­ten geben müs­se“ und das IOK zum Antrag auf ein DDR-Olym­pia­team ab 1968 „wahr­schein­lich um eine posi­ti­ve Ent­schei­dung nicht her­um kom­men wür­de“. Gleich­wohl frag­te Brunda­ge, ob die DDR bei Olym­pia nicht statt ihrer Staats­flag­ge eine Fah­ne ihres NOK mit ihren Lan­des­far­ben und einem olym­pi­schen Emblem nut­zen könn­te. Das kam der weni­ge Mona­te spä­ter im Okto­ber 1965 im IOK beschlos­se­nen neu­tra­len Flag­gen­va­ri­an­te (Schwarz-Rot-Gold plus olym­pi­sche Rin­ge) schon recht nahe. Beh­rendt ergriff die in dem Kom­pro­miss lie­gen­de Chan­ce: „Nicht die Fah­ne, son­dern unse­re eige­ne Mann­schaft [bei Olym­pia] ist unser Haupt­an­lie­gen”, wes­halb man „eine Fah­nen- und Hym­nen­re­ge­lung, die für alle [gemeint war für alle deut­schen] NOKs gleich sein wür­de, wahr­schein­lich akzep­tie­ren könnte.“

Gerald Göt­ting, der stell­ver­tre­ten­de Staats­rats­vor­sit­zen­de der DDR, knüpf­te Kon­tak­te zum Kon­go. Abbil­dung: Bun­des­ar­chiv, Bild 183-83285-0009 / Jun­ge, Peter Heinz / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE

Die DDR und Afrikas Sportwelt

Ein stra­te­gi­scher Erfolg für den DDR-Sport, der meh­re­re Aspek­te berühr­te. So signa­li­sier­ten in Braz­z­aville auch die IOK-Mit­glie­der Giu­lio Ones­ti (Ita­li­en) und Ahmed Der­mer­dasch Tou­ny (Ägyp­ten) ihre Zustim­mung zu den Olym­pia­plä­nen der DDR. Der Ägyp­ter war durch die Sport­kon­tak­te zwi­schen Ost­ber­lin und Kai­ro ab 1955 ein wich­ti­ger Strip­pen­zie­her für die DDR in Afri­kas Sport­welt. Zudem deu­te­te Keni­as IOK-Mit­glied Regi­nald Stan­ley Alex­an­der ein „Okay pro DDR“ an. In einer Zeit, in der das SED-Polit­bü­ro nur kurz vor­her (Janu­ar 1965) stär­ke­re Akti­vi­tä­ten in Ost­afri­ka inklu­si­ve Kenia beschlos­sen hat­te. Das zeig­te sich in der Leicht­ath­le­tik, als Keni­as Sprin­ter Saras Cama­ra beim Schwe­ri­ner Lauf­fest (Febru­ar 1965) star­te­te und Welt­re­kord­hal­ter Kip­cho­ge Kei­no im Juni 1966 beim Olym­pi­schen Tag im Ost­ber­li­ner Jahn-Sport­park gegen DDR-Top­läu­fer Jür­gen May antrat. Danach nahm May gar an den Leicht­ath­le­tik­meis­ter­schaf­ten Keni­as in Nai­ro­bi teil. Eupho­risch berich­te­te das Maga­zin „Der Leicht­ath­let“ vom „Höhen­test in Kenia“, womit klar war, dass sich der DDR-Sport vor den Olym­pi­schen Spie­len 1968 in Mexi­ko-Stadt längst mit Fra­gen des leis­tungs­stei­gern­den Höhen­trai­nings befasste.

Schließ­lich wur­den in Braz­z­aville ver­bands­po­li­ti­sche Ban­de geknüpft, die bei Jean-Clau­de Ganga zusam­men­lie­fen. Der Kon­go­le­se star­te­te als Chef jener All-Afri­ka-Spie­le eine Kar­rie­re, die ihn zum Gene­ral­se­kre­tär des Obers­ten Sport­rats Afri­kas (bis 1979) und 1986 zum (oft skan­dal­um­wit­ter­ten) Mit­glied im IOK auf­stei­gen ließ. Oft war er für den DDR-Sport ein Kon­takt­ka­nal zu den afri­ka­ni­schen NOKs, um deren Zuspruch die DDR für ihr Vor­ge­hen im IOK stets warb. Noch im Mai 1989 schloss der DTSB ein Sport­pro­to­koll mit dem nun als Volks­re­pu­blik fir­mie­ren­den Kon­go ab, deren Sport­mi­nis­ter Ganga damals war.

Bereits die­ser klei­ne Aus­schnitt aus den Afri­ka-Bezie­hun­gen des DDR-Sports deu­tet an, dass die­se facet­ten­reich waren und eine Viel­zahl von The­men berühr­ten, etwa den Leis­tungs­sport, das Sport­ver­bands­we­sen oder das Stre­ben nach diplo­ma­ti­scher Aner­ken­nung, wel­che die DDR in Kon­go-Braz­z­aville erst 1970 erreich­te. Eine voll­um­fäng­li­che Stu­die dazu für 1955 bis 1990 bie­tet der Band „Turn­schuh­di­plo­ma­tie”, der durch ein For­schungs­pro­jekt an der Uni­ver­si­tät Pots­dam im Wis­sen­schafts­pro­gramm der Bun­des­stif­tung Auf­ar­bei­tung ent­stan­den ist.

BUCHTIPP:

 

Dani­el Lan­ge: „Turn­schuh­di­plo­ma­tie. Die inter­na­tio­na­len sport­po­li­ti­schen Bezie­hun­gen der DDR nach Afri­ka als beson­de­rer Bestand­teil ihrer Außen­po­li­tik (1955 - 1990)”, DHGS Deut­sche Hoch­schu­le für Gesund­heit und Sport GmbH, Ber­lin 2022, 610 Sei­ten, 35,00 € (Soft­co­ver).

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