Sonja Pierer, die Geschäftsführerin der Intel Germany Services GmbH und Country Manager Sales und Marketing Group (SMG), ist eine wichtige Impulsgeberin für Ostdeutschland. Sie setzt sich ein für Vergewisserung, Verständigung und Versöhnung. Mit diesem Beitrag von 2024 ist sie auch in dem Sammelband „Denke ich an Ostdeutschland ...“ vertreten.

Sonja Pierer, Geschäftsführerin Intel Germany Services GmbH und Country Manager Sales und Marketing Group (SMG). Abbildung: Intel Corporation
Wenn ich an Ostdeutschland denke, dann denke ich an ein reiches kulturelles Erbe und landschaftliche Vielfalt. Ich denke auch an Spitzensport aus Magdeburg und eine bewegte Geschichte. Für die Zukunft verbinde ich mit Ostdeutschland, insbesondere mit Sachsen-Anhalt, eine Region im Wandel und den Aufbau eines Wirtschaftsökosystems – das Aufblühen einer Region, die lange als strukturschwach galt. Kurzum, ich denke an Wohlstand durch Wandel.
Aktuell steht dabei für mich die geplante Ansiedlung der Intel-Halbleiterfabrik in Magdeburg im Zentrum. Sie bietet eine einmalige Chance für die Region, für Deutschland und für Europa, zu einem Knotenpunkt für Zukunftstechnologie zu werden. Die Menschen in Sachsen-Anhalt haben gezeigt, dass sie diese Investition mit offenen Armen empfangen. Durch frühere Arbeitgeber habe ich mit Standorten in Ostdeutschland bereits Erfahrungen in Sachen Aufbau und Erweitern von Kundendienstzentren gesammelt und dabei zu schätzen gelernt, wie stark sich die Menschen engagieren. Aktuell sehen wir bei unserem Ansiedlungsprojekt, wie etablierte Netzwerke und die hervorragende Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft den Weg ebnen für eine vielversprechende Zukunft. Wir sehen bereits heute, wie im benachbarten Sachsen das Silicon Saxony ein beeindruckendes wirtschaftliches Ökosystem mit der Halbleiterindustrie schafft. In Magdeburg wollen wir die modernste Chipfabrik Europas bauen. Das heißt, dass wir neben der Investition für die Anlagen auch viel Energie in die Ausbildung investieren müssen.
Intel nimmt Bildung sehr ernst. Das beweisen auch die Investitionen von 1,2 Millionen Euro in das regionale Hochschulsystem. Die Landesregierung hat uns zudem dabei geholfen, einen starken Ansatz für die Intel-Programme „AI for Youth“ und „Skills for Innovation“ zu entwickeln. „AI for Youth“ ist ein ganzheitliches Training für Schüler mit dem Fokus auf die praktische Anwendung von KI-Werkzeugen. Das Programm wurde in Zusammenarbeit mit Regierungen weltweit ausgearbeitet und trägt auch zur KI-Strategie des Bundes bei, den Forschungsstandort Deutschland zu fördern. Das Intel-Bildungsprogramm „Skills for Innovation“ richtet sich an Lehrkräfte und unterstützt sie dabei, digitale Technologien wirksam im Unterricht einzusetzen. Auf diese Weise ebnen wir den Weg, um mit der neuesten Chip-Technologie den nächsten Schritt machen zu können.
Ostdeutschland wird sich durch Intels Ansiedlung in Magdeburg und den umliegenden Gemeinden Sülzetal und Wanzleben zu einem internationalen Technologiezentrum entwickeln.”
Effekte auf Wirtschaft und Infrastruktur
Die Entstehung von rund 3.000 langfristigen Hightech-Arbeitsplätzen für die Region ermöglicht einen demografischen Umkehrschub. Für jeden Arbeitsplatz, den Intel schafft, werden voraussichtlich sechs bis zehn weitere in der Region entstehen. Ostdeutschland wird sich auch durch Intels Ansiedlung in Magdeburg und den umliegenden Gemeinden Sülzetal und Wanzleben zu einem internationalen Technologiezentrum entwickeln. Junge Fachkräfte werden von uns durch Kooperationen mit regionalen Hochschulen und Studiengängen sowie der Schaffung von Ausbildungsplätzen geschult und gefördert. Mit der Bildungsinitiative „Klassenraum der Zukunft“ zeigt Intel bereits jetzt, wie die Zukunft des Bildungssystems aussehen kann. Das Angebot richtet sich an Lehrkräfte von Schulen, Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen, die sich vor Ort zeigen lassen können, wie Lernen mithilfe moderner Technologien funktioniert. Ziel ist es, Lehrkräfte aus der schulischen und beruflichen Bildung für digitale Unterrichtsmethoden zu begeistern und zu trainieren. Dazu gehört etwa das Programmieren von Drohnen und Robotern, also Fähigkeiten, die für die berufliche Zukunft der Jugend gefragt sein werden. Die Anfänge können die Schüler spielerisch und im pädagogischen Rahmen erlernen, nachdem sich Lehrkräfte und Ausbildende mit dem Klassenzimmer der Zukunft selbst entsprechend fortgebildet haben.
Die wirtschaftlichen Effekte der Intel-Ansiedlung sind ebenfalls enorm, von besser ausgestatteten und international ausgerichteten Schulen und Kindergärten bis hin zu lebendigeren Innenstädten. Mithilfe des neuen Mobilitätskonzepts des Ministeriums für Infrastruktur und Digitales von Sachsen-Anhalt wird der Ausbaubedarf sämtlicher Transport- und Fortbewegungsarten (Fußgänger, Radfahrer, ÖPNV, Pkw und Güterverkehr) analysiert und an die Zuzüge durch die Intel-Ansiedlung angepasst. So wird voraussichtlich ab 2028 eine neue S-Bahn-Linie im Großraum Magdeburg gebaut. Der verbesserte öffentliche Nahverkehr, durch enger getaktete Züge und zusätzliche Bushaltestellen, wird für die Menschen in Sachsen-Anhalt unmittelbar spürbar sein.
Strategische Autonomie
Darüber hinaus wird Intels Ansiedlung das übergeordnete Ziel der Europäischen Union unterstützen, Europa unabhängiger im Bereich der Halbleitertechnologie zu machen. Weltweit werden circa 80 Prozent aller Halbleiter in Asien hergestellt und lediglich zehn Prozent in Europa. Die Coronapandemie hat aufgezeigt, warum eigene Halbleiterkapazitäten und -expertise unerlässlich sind. Der Bau der Halbleiterfertigung in Magdeburg wird eine der größten Einzelinvestitionen eines Unternehmens in der Geschichte der Bundesrepublik sein. Wir bei Intel sehen dies als Beginn einer jahrzehntelangen Partnerschaft. Auch darum wird sich die öffentliche Investition in dieses Projekt mittel- und langfristig für die ganze Region, für Deutschland und für Europa auszahlen und immense Produktionskapazitäten schaffen. Ostdeutschland wird dadurch zu einem zentralen Knotenpunkt für europäische Technologieführerschaft und Wirtschaftskapazität.
Die deutsche Industrie befindet sich in einem umfassenden Transformationsprozess, dies gilt insbesondere für die Automobilbranche. Es braucht die Ansiedlung neuer, zukunftsfester Industrien und Technologien. Die Herstellung von hochmodernen Prozessoren kann dafür ein Katalysator sein. Denn eines ist klar: Ob selbstfahrende Autos, vollautomatisierte Fabriken oder Augmented Reality – immer leistungsfähigere Prozessoren mit Strukturbreiten unter zwei Nanometern werden benötigt. Sie ermöglichen, dass Informationen von Sensoren dezentral, schnell und effizient verarbeitet werden. Außerdem gewährleisten sie, dass Computer, Rechenzentren und intelligente Assistenten energieeffizienter werden. Diese Effizienzwende ist notwendig, damit die Energiewende gelingt. Denn die Zahl der digitalen Geräte wächst rasant. Ohne effizientere Halbleiter wird sich der Energieverbrauch dieser Geräte vervielfachen. Unsere Ansiedlung in Magdeburg sichert somit der deutschen Industrie den Zugang zu einer Schlüsseltechnologie. Sie stärkt und baut zudem das bestehende regionale Ökosystem von führenden Forschungseinrichtungen und mittelständischen Champions weiter aus.

Ein Mitarbeiter mit einem Wafer, der Basis für die Herstellung von Mikrochips. Abbildung: Intel Corporation
Standortfaktor Ostdeutschland
Im Großraum Magdeburg finden wir optimale Voraussetzungen für dieses Vorhaben: eine gute Basis der Infrastruktur und Verkehrsanbindung, ein überdurchschnittliches schulisches und universitäres Bildungssystem mit über 20.000 Technikstudierenden im Einzugsgebiet sowie viele Zulieferer und Partner in unmittelbarer Reichweite. Der Entscheidung für Magdeburg ging eine umfassende Standortprüfung voraus. Wir haben dabei etwa 60 Standorte in Europa nach Dutzenden von Kriterien geprüft. Darüber hinaus haben wir uns direkt mit den Behörden und Infrastrukturdienstleistern vor Ort über Themen ausgetauscht, die für den Betrieb einer Fabrik kritisch sind. Wir können klar sagen: Unsere Ansiedlung in Ostdeutschland ist wohlüberlegt und wir sind fest davon überzeugt, dass sie für uns und die Region erfolgreich und gewinnbringend sein wird.
Ein wichtiger Faktor bei dieser Entscheidung war auch der Zugang zu erneuerbaren Energien: Intel will ab dem ersten Produktionstag 100 Prozent Ökostrom einsetzen. Dafür sind die Bedingungen in Ostdeutschland sehr gut. Unser übergeordnetes Ziel ist es, bis 2040 weltweit in allen Produktionsbereichen klimaneutral zu sein – und wir sind auf einem guten Weg. Im vergangenen Jahr hat Intel 93 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Quellen bezogen, dieses Jahr sollen es 95 Prozent werden.
Auch das Thema Wasser spielt für uns eine große Rolle. Wir haben uns global dazu verpflichtet, bis 2030 an allen Standorten wasserpositiv zu sein. Das bedeutet, dass wir für jeden Liter Wasser, den wir einsetzen, mehr als einen zurückgeben wollen. Am Magdeburger Standort wird Wasser-Recycling und -Konservierung daher eine große Rolle spielen. Dazu stehen wir bereits jetzt in engem Austausch mit der Stadt, dem Land und den Kommunen. Dank der langjährigen Erfahrung an unseren Standorten, unter anderem im US-Wüstenstaat Arizona, haben wir insgesamt viel Expertise gesammelt, die wir auch in Magdeburg einsetzen wollen.

Mitarbeitende im Reinraum der Intel-Fabrik in Hillsboro, Oregon (USA). Abbildung: Walden Kirsch, Intel Corporation
Mein Fazit
In Ostdeutschland treffen Geschichte und wirtschaftliche Entwicklungschancen aufeinander. Hier entstehen Standorte für die Zukunft der europäischen Technologiewirtschaft. In den vergangenen Jahren haben wir eine enorme Energie des Aufbruchs und der Gestaltung erlebt. Lassen Sie sich von dieser Euphorie und Zuversicht anstecken und begleiten Sie uns auf dem Weg in eine erfolgreiche Zukunft in Ostdeutschland.
Intel Deutschland GmbH
GEGRÜNDET: 1968/Mountain View (USA)
STANDORT: Neubiberg
MITARBEITENDE: 1.400
WEBSITE: intel.de
![]() „Denke ich an Ostdeutschland ...“In der Beziehung von Ost- und Westdeutschland ist auch 35 Jahre nach dem Mauerfall noch ein Knoten. Dieser Sammelband will einen Beitrag dazu leisten, ihn zu lösen. Die 60 Autorinnen und Autoren geben in ihren Beiträgen wichtige Impulse für eine gemeinsame Zukunft. Sie zeigen Chancen auf und skizzieren Perspektiven, scheuen sich aber auch nicht, Herausforderungen zu benennen. Die „Impulsgeberinnen und Impulsgeber für Ostdeutschland“ erzählen Geschichten und schildern Sachverhalte, die aufklären, Mut machen sowie ein positives, konstruktiv nach vorn schauendes Narrativ für Ostdeutschland bilden. „Denke ich an Ostdeutschland ... Impulse für eine gemeinsame Zukunft“, Frank und Robert Nehring (Hgg.), PRIMA VIER Nehring Verlag, Berlin 2024, 224 S., DIN A4. Als Hardcover und E-Book hier erhältlich. |