Tilo Hacke, Vorstandsmitglied der Deutschen Kreditbank AG (DKB), ist ein wichtiger Impulsgeber für Ostdeutschland. Er setzt sich ein für Vergewisserung, Verständigung und Versöhnung. Mit diesem Beitrag ist er auch in dem Sammelband „Denke ich an Ostdeutschland ...“ vertreten.
Deutschland 1990: Die Wiedervereinigung brachte Freiheit, Einheit und Demokratie für alle Deutschen und sie machte den Weg frei für den wirtschaftlichen Aufschwung in Ostdeutschland. Im selben Jahr wurde auch die Deutsche Kreditbank AG (DKB) gegründet. Und das ist kein Zufall: Sie ging aus der ehemaligen Staatsbank der DDR mit der Aufgabe hervor, einen Teil des Kreditbestands zu verwalten und abzuwickeln.
Heute ist die DKB die zweitgrößte Direktbank in Deutschland. Neben dem rein digitalen Privatkundengeschäft vergibt die Bank mit Hauptsitz in Berlin Kredite an ausgewählte Zukunftsbranchen. In vielen dieser Wirtschaftszweige ist sie führend.
Die DKB steht für eine Erfolgsgeschichte der wirtschaftlichen Transformation nach der Wiedervereinigung. Und das in doppelter Hinsicht: mit ihrem eigenen Unternehmensprofil und damit verbundenen Wachstum sowie durch die Kreditvergabe und Begleitung ostdeutscher Unternehmen. Die Geschichte der DKB zeigt, was möglich ist, wenn radikale Transformation notwendig ist und mutig angegangen wird. Ihre Geschichte motiviert und schärft den Blick für die aktuelle nachhaltige Transformation unserer Gesamtwirtschaft.
Die Dinge in die Hand nehmen, das ist es, was Ostdeutschland bis heute charakterisiert. Strukturwandel umsetzen, auf die Menschen und ihre Fähigkeiten vertrauen.”
Unternehmerische Chance aus dem Wandel
Kaum gegründet, schien das Schicksal der DKB auch schon besiegelt: Ihr Auftrag war es, die Kredite der ehemaligen Staatsbank der DDR aus einem System, in dem es beispielsweise „Volkseigentum“ gab, in das Wirtschaftssystem der BRD zu transferieren. Das bedeutete Anfang der 90er-Jahre in der Praxis vor allem, Akten einer mittlerweile vergangenen Zeit zu sichten, um Kreditnehmer zu identifizieren sowie Privatisierungen und Sanierungen zu begleiten. Was heute wenig glamourös klingt, trug damals dazu bei, die (Kredit-)Wirtschaft der ehemaligen DDR zu reformieren, um mit marktwirtschaftlichen Mechanismen Wettbewerbsfähigkeit zu schaffen. Ein wichtiger Auftrag (nicht nur für die DKB), aber mit begrenzter zeitlicher Dimension.
Eine unternehmerische Zukunftsperspektive entstand erst ein paar Jahre und viele politische Entscheidungen später. Es zeigte sich: Die DKB hatte sehr gute Geschäftsverbindungen zu den Kommunen und kommunalnahen Unternehmen, insbesondere im Wohnungsbereich. Im Jahr 1994 erklärte die Treuhandanstalt als Eigentümerin der DKB, die Bank verkaufen zu wollen und ihr damit erstmals eine echte Zukunftschance zu geben. 1995 wurde sie von der BayernLB erworben. Die DKB erhielt im weiteren Verlauf ein klares, eigenständiges Profil mit Fokus auf Privat- und Geschäftskunden in ausgewählten Branchen. Aus der früheren Abwicklungsbank entstand eine aktiv am Markt teilnehmende Bank – und die DKB wuchs. Allein die Bilanzsumme hat sich seit dem Jahrtausendwechsel von 35,4 Milliarden DM auf 134,5 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2023 gesteigert mit einem erwirtschafteten Vorsteuergewinn von erstmals über einer Milliarde Euro.
Klares Profil für klare Marktposition
Die DKB und die ostdeutsche Wirtschaft sind historisch eng miteinander verbunden. Der wirtschaftliche Aufschwung nach der Wiedervereinigung war die Basis für die erfolgreiche Entwicklung der DKB – und die DKB wiederum hat durch die Kreditvergabe ihren Beitrag dazu geleistet. Das Kreditportfolio hat sich seitdem deutlich erweitert: 1996, lange vor dem EEG, gesicherten Marktverhältnissen oder gar dem Pariser Klimaschutzabkommen, haben wir unser erstes Windrad finanziert. Damals war noch nicht absehbar, wie stark sich die Technologie durchsetzen würde. Inzwischen – mehr als 6.900 Fotovoltaik-, Wind-, Wasserkraft und Biogasanlagen später – wissen wir: Der Einstieg in das Erneuerbare-Energien-Segment war eine wegweisende Entscheidung. Mit einem Kreditvolumen von mehr als 14 Milliarden Euro ist die DKB heute die größte Finanzierin erneuerbarer Energien in Deutschland.
Neben den erneuerbaren Energien, Kommunen, Stadtwerken und der Wohnungswirtschaft gehören heute ebenfalls Landwirtschaft, Schulen, Krankenhäuser sowie Tourismus in Deutschland zum Portfolio der DKB. Diese Fokussierung auf einzelne Branchen ermöglicht es uns, Branchen-Know-how zu bündeln und eine hohe Marktdurchdringung zu erreichen – inzwischen in allen Teilen Deutschlands gleichermaßen. Das klare Geschäftsprofil war auch ausschlaggebend für das enorme Wachstum der DKB von Ostdeutschland aus in alle Bundesländer. So ist heute beispielsweise jedes zweite Stadtwerk Kunde der DKB. Zu rund 70 Prozent der Wohnungsunternehmen mit eigenen Beständen unterhalten wir eine Kundenbeziehung, in Ostdeutschland sind es sogar rund 90 Prozent.
Auch der Aufbau des Privatkundengeschäfts war von vorausschauenden Entscheidungen geprägt: Seit 2000 ist die DKB für Privatpersonen eine reine Internetbank. Online-Banking war Anfang des neuen Jahrtausends die Ausnahme; die DKB als eine der ersten mit dabei. Heute, 2024, nutzen über 5,6 Millionen Menschen die digitalen Angebote der DKB. Damit ist sie die zweitgrößte Direktbank in Deutschland. Banking ohne online – heute nicht mehr vorstellbar.
Nachhaltige Transformation meistern
Es sind die vergangenen Entscheidungen, die die DKB von heute geformt haben. Und es sind die heutigen Entscheidungen, die das Morgen gestalten. Wir befinden uns erneut in einer Phase des Umbruchs: Nachhaltigkeit ist zu einem Wirtschaftsfaktor für Unternehmen geworden – auch aus Risikosicht. Bei vielen Unternehmen nimmt das Thema inzwischen eine strategische Dimension ein und wird in den nächsten Jahren noch stärker zu einem Wettbewerbsfaktor werden.
Ebenso wie der wirtschaftliche Umbau nach der Wiedervereinigung wird auch die nachhaltige Transformation unserer Wirtschaft extrem kapitalintensiv, strategisch herausfordernd und einnehmend. Staat oder Wirtschaft allein können die nachhaltige Transformation nicht stemmen. Dafür braucht es das Engagement aller, eine gemeinsame Vision und transformationsunterstützende Rahmenbedingungen. Als Bank sind wir bereit, entsprechende Finanzierungen für den Weg der Transformation zu vergeben, die heute den zukunftssichernden Wandel ermöglichen – genauso, wie am Anfang der 90er-Jahre.
Die Geschichte der DKB zeigt (ebenso wie andere Unternehmensgeschichten), dass Transformation auch wirtschaftliche Chancen bieten. Sie zeigt, was möglich ist, wenn entsprechende Rahmenbedingungen gesetzt, Gelegenheiten ergriffen und Entscheidungen mit Weitsicht getroffen werden. Dabei denke ich nicht nur an den Anfang der 90er-Jahre, in denen sich die Geschichte der DKB auch ganz anders hätte entwickeln können. Ich denke vor allem an die vielen vorausschauenden, aber auch mutigen Entscheidungen, die der DKB ihr klares Profil gegeben haben: den Einstieg in die erneuerbaren Energien, die klare Fokussierung auf ausgewählte Geschäftskundenbranchen, den Aufbau von Standorten, die Ausrichtung als Online-Bank und in den letzten Jahren die konsequenten Investments in Digitalisierung.
Für die DKB haben wir uns zum Ziel gesetzt, bis 2030 mit mindestens 80 Milliarden Euro an Finanzierungen einen deutlichen Beitrag zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (SDGs) zu leisten. 2022 zahlten bereits 55,4 Milliarden Euro unserer Finanzierungen auf die SDGs ein. Die Nachhaltigkeitsratingagentur ISS ESG hat uns in den letzten acht Jahren in Folge mit der Höchstnote (B-) innerhalb unserer Peergroup ausgezeichnet. Unseren nachhaltigen Fokus wollen wir weiter ausbauen.
Der Osten ist wirtschaftlich attraktiv
Dass Ostdeutschland ein attraktiver Investitionsstandort im Bereich der nachhaltigen und digitalen Wirtschaft ist, haben wir zuletzt plakativ durch Großinvestitionen internationaler Unternehmen gesehen. Auch wenn die Megafabriken gern im Fokus stehen, geht es genauso um regional verwurzelte kleine und mittlere Unternehmen sowie Start-ups. Erneuerbare Energien, Mikroelektronik und Tourismus zählen zu den größten Wachstumsfeldern. Das zeigt auch das jährlich durchgeführte Transformationsbarometer, eine Umfrage in ostdeutschen Unternehmen von der Standortinitiative „Deutschland – Land der Ideen“ in Zusammenarbeit mit der DKB. Beinahe 60 Prozent der 2024 Befragten bescheinigen der Region ein großes oder sehr großes Wirtschaftspotenzial. Das ist umso beachtlicher, waren die letzten Jahre doch von Stapelkrisen – Corona, Kriege, Energiekrise, Inflation – geprägt.
Entscheidend ist, dass die Standortattraktivität erhalten bleibt und weiter ausgebaut wird. Vor allem braucht es Rahmenbedingungen, die den nachhaltigen Umbau substanziell unterstützen, entsprechende Investitionen fördern und langfristige Planungssicherheit garantieren. Die Transformation ist eine wirtschaftliche wie politische und gesellschaftliche Aufgabe. Sie wird eine der maßgeblichen Herausforderungen der kommenden Jahre.
Denke ich an Ostdeutschland, sehe ich meine Heimat, bewegte Geschichte und viele prägende Erinnerungen vor mir. Landschaftliche Vielseitigkeit von der Ostsee bis ins Elbsandsteingebirge und den Thüringer Wald, kulturelle Vielfalt sowie sehr unterschiedliche Lebensformen und -orte. Und ich sehe eine starke Wirtschaft, die in den Regionen verwurzelt ist und das Wachstum in den letzten 30 Jahren ermöglicht hat. Die Dinge in die Hand nehmen, das ist es, was Ostdeutschland bis heute charakterisiert. Strukturwandel umsetzen, auf die Menschen und ihre Fähigkeiten vertrauen. Es ist diese anpackende Mentalität, die es braucht, um Zukunft zu gestalten. Ich möchte, dass wir alle die Erfahrungen im Umgang mit epochalen Umbrüchen nutzen, um auf der Grundlage dieser bewiesenen Veränderungsfähigkeit offen, konstruktiv und optimistisch in die Zukunft zu schauen.
Deutsche Kreditbank AG (DKB)
GEGRÜNDET: 1990/Berlin
STANDORT: Berlin (26 Standorte in Deutschland)
MITARBEITENDE: über 4.500
WEBSITE: dkb.de
Tilo Hacke
GEBOREN: 1972/Ostberlin
WOHNORT (aktuell): Berlin
MEINE BUCHTIPPS: nahezu alle Bücher von Alexander Osang
MEIN FILMTIPP: „Das Leben der Anderen“, 2006
MEIN URLAUBSTIPP: Mecklenburgische Seenplatte
BUCHTIPP:
„Denke ich an Ostdeutschland ...“In der Beziehung von Ost- und Westdeutschland ist auch 35 Jahre nach dem Mauerfall noch ein Knoten. Dieser Sammelband will einen Beitrag dazu leisten, ihn zu lösen. Die 60 Autorinnen und Autoren geben in ihren Beiträgen wichtige Impulse für eine gemeinsame Zukunft. Sie zeigen Chancen auf und skizzieren Perspektiven, scheuen sich aber auch nicht, Herausforderungen zu benennen. Die „Impulsgeberinnen und Impulsgeber für Ostdeutschland“ erzählen Geschichten und schildern Sachverhalte, die aufklären, Mut machen sowie ein positives, konstruktiv nach vorn schauendes Narrativ für Ostdeutschland bilden. „Denke ich an Ostdeutschland ... Impulse für eine gemeinsame Zukunft“, Frank und Robert Nehring (Hgg.), PRIMA VIER Nehring Verlag, Berlin 2024, 224 S., DIN A4. Als Hardcover und E-Book hier erhältlich. |