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Der Osten als Avantgarde #6: Die avantgardistische Kunst des Ostens

Das Netz­werk der gemein­nüt­zi­gen Initia­ti­ve Denk­Rau­mOst hat es sich zum Ziel gesetzt, den Charme Ost­deutsch­lands sicht­bar zu machen. In Teil sechs ihrer Kolum­ne zeigt die Künst­le­rin und Autorin Ulla Wal­ter, wie das krea­ti­ve Poten­zi­al der DDR-Avant­gar­de bis heu­te leben­dig ist und Ost-Kunst die Brü­cke zwi­schen Ost und West schla­gen kann.

Selbstporträt der Künstlerin Ulla Walter. Geboren in Meiningen, arbeitet sie seit den 1980er-Jahren in Schöneiche bei Berlin. Studium in Dresden und Leipzig, Meisterschülerin von Bernhard Heisig und Vertreterin der Leipziger Schule. Seit den 1990er-Jahren prägt Beton ihr Werk im Kontrast zur digitalen Welt. Abbildung: Ulla Walter

Selbst­por­trät der Künst­le­rin Ulla Wal­ter. Gebo­ren in Mei­nin­gen arbei­tet sie seit den 1980er-Jah­ren in Schön­ei­che bei Ber­lin. Stu­di­um in Dres­den und Leip­zig, Meis­ter­schü­le­rin von Bern­hard Hei­sig und Ver­tre­te­rin der Leip­zi­ger Schu­le. Seit den 1990er-Jah­ren prägt Beton ihr Werk im Kon­trast zur digi­ta­len Welt. Abbil­dung: Ulla Walter

Die DDR exis­tiert nicht mehr. Was jedoch von ihr stark und noch immer kraft­voll übrig blieb, ist das Avant­gar­de-Poten­zi­al der Kunst. Als „Ost“-Künstlerin ein­ge­ord­net zu wer­den, klang aber schnell nach Stig­ma und nach mil­dern­den Umstän­den. Zudem hat­ten uns „Ost-Kunst­men­schen“, West-Kunst und Kunst­ge­schich­te schließ­lich glei­cher­ma­ßen inspi­riert. Bevor wir hier aber wei­ter über Ost-Kunst reden, soll­ten wir unse­ren über Jahr­zehn­te ver­stell­ten Blick überprüfen.

Erst kürz­lich mach­te mir das die Aus­stel­lung „Mensch Ber­lin“ im Kunst­fo­rum Wien deut­lich. Unse­re DDR-Her­kunft näm­lich wur­de unter dem neu­tra­len Sta­tus Öster­reichs nicht mit dem durch den Kal­ten Krieg zwi­schen Ost- und West­deutsch­land vor­ge­fer­tig­ten Fil­ter ver­fälscht. Man konn­te jenes oben benann­te Avant­gar­de-Poten­zi­al mit kla­rer Selbst­ver­ständ­lich­keit in der Ost-West-Prä­sen­ta­ti­on frei und ent­hemmt auf­neh­men, und tat­säch­lich ging es um die Bil­der, um Far­ben, Pin­sel­stri­che, For­men und Inhal­te – ohne sie (wie aus Deutsch­land gewohnt) zwang­haft Ost oder West zuord­nen zu müs­sen. Nie hat­te ich vor­her die Arbei­ten der Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen und mei­ne so der­ma­ßen befreit als rei­ne Kunst betrachtet.

Wir woll­ten damals (vor dem Mau­er­fall) nicht gegen den ande­ren Teil Deutsch­lands gehetzt wer­den. Doch jetzt, wo solch neu­tra­le Betrach­tun­gen mög­lich wer­den, fällt das Beson­de­re unse­rer frü­he­ren Kunst auch beson­ders auf: Den Arbei­ten ist eigen, dass sie der Welt und uns allen Beson­de­res zei­gen. Oft mit expres­si­ven Bild­fin­dun­gen. Kunst­in­ter­ne „Hap­pe­nings“ gaben uns Künst­le­rin­nen und Künst­lern die Chan­ce der Ein­ma­lig­keit, DDR-typi­sche Stra­pa­zen, Abstru­ses, Pro­duk­ti­ves und Aus­ein­an­der­drif­ten­des, gelebt und ver­ar­bei­tet zu haben. Atmo­sphä­risch und auch absurd. Das lässt sich aus die­sen Bil­dern her­aus­le­sen. Sie erzäh­len von selbst­ein­ge­rich­te­ten Nischen. Vom Tanz auf dem Vul­kan, den wil­den Fes­ten – wir sag­ten „Feten“. Vom dama­li­gen Zukunfts­glau­ben, von Zwei­feln sowie vom Hin- und Her­ge­wor­fen sein. Nie­mand kommt an sei­ner Ver­gan­gen­heit vor­bei. Doch in Wien wur­den end­lich alte, beharr­lich ver­brei­te­te Nega­tiv-Ost-Vor­ur­tei­le ent­wer­tet. Man sah dort kei­ne Kunst von „Ideo­lo­gie-Erfül­lern“ oder gar lini­en­treue Mach­wer­ke. Man sah auto­no­me Arbei­ten qua­li­täts­vol­ler, künst­le­ri­scher Aus­bil­dung und Streit­fä­hig­keit und bis heu­te gül­ti­ge Überzeugungen.

Atelier der Künstlerin Ulla Walter. Abbildung: Ulla Walter

Ate­lier der Künst­le­rin Ulla Wal­ter in einem ehe­ma­li­gen Tanz­saal in Schön­ei­che bei Ber­lin. Abbil­dung: Ulla Walter

Befreiter Blick auf Ost-Kunst

Das Poten­zi­al die­ser Kunst fil­tert sich wei­ter in die Gesell­schaft, wenn wir Ost- und West­deut­schen das zulas­sen, unter­schwel­lig und als Mul­ti­pli­ka­tor. Mitt­ler­wei­le bau­en Aus­stel­lun­gen wie „Mensch Ber­lin“ sogar Brü­cken. Die­se in Ber­lin und in Wien wur­de von der Stif­tung Kunst­fo­rum Ber­li­ner Volks­bank aus­ge­rich­tet, unter ande­rem mit dem beacht­li­chen Ost-Kunst-Anteil der Samm­lung. Unter den Ers­ten aber, die Ost und West bei­spiel­ge­bend neben­ein­an­der und auf Augen­hö­he prä­sen­tier­ten, muss hier unbe­dingt das „Pots­dam Muse­um. Forum für Kunst und Geschich­te“ genannt wer­den. Die Aus­stel­lung „Die wil­den Acht­zi­ger­jah­re in der deutsch-deut­schen Male­rei“ (2016/17) war groß­ar­tig kura­tiert und span­nend durch­mischt. Und bemer­kens­wert ist, dass sich west­deut­sche Samm­ler mit Ost-Kunst in ihren Pri­vat­räu­men umge­ben. Die­se spe­zi­el­le Spra­che wird erkannt. Der DDR-Expres­sio­nis­mus mit sei­ner Auf­bruch­s­en­er­gie addier­te die Jah­re der sich auf­bäu­men­den DDR mit Spreng­kraft. Unse­re Bild­spra­che nutz­te einen Code. Auf­rüh­re­ri­sche Signa­le wur­den Stim­mungs­wei­ser, die im wil­den Pin­sel­strich den Gehor­sam ver­wei­ger­ten und über die Wut der Far­ben Unmut her­aus­schrien. Das zeigt auch die Tän­ze­rin und Per­for­me­rin Fine Kwiat­kow­ski im Die­sel­kraft­werk in Cott­bus, die als prä­gen­de Figur der DDR-Avant­gar­de und als Grenz­gän­ge­rin zwi­schen Tanz, Kunst und Musik zur Inspi­ra­ti­ons­quel­le für vie­le wur­de. „Über Schat­ten sprin­gen“ heißt ihre aktu­el­le Aus­stel­lung im Bran­den­bur­gi­schen Lan­des­mu­se­um für Moder­ne Kunst.

Ost-Avantgarde als Brücke

Avant­gar­de­poten­zi­al ist im Osten dem­nach vor­han­den. Wir könn­ten spie­le­risch damit umge­hen. Und expe­ri­men­tier­freu­dig – ohne aber den über­spann­ten Kunst­markt nach­zu­ah­men, der es gehö­rig über­trie­ben hat. Es geht eher um Enga­ge­ment und Gedan­ken, die unse­re DDR-Zeit aus­füll­ten. Denn zu jam­mern oder zu kla­gen lässt sich mit Kunst ost­deut­sche Attrak­ti­vi­tät zur Gel­tung brin­gen. Viel­leicht als gro­ße Gesell­schafts­aus­stel­lung (im Beuys’schen Sin­ne)! Sie könn­te dyna­misch funk­tio­nie­ren. Zwi­schen Ost und West. Ohne kon­stru­ier­te Gren­zen. Ohne Arro­ganz. Ohne ver­bis­se­ne Ver­tei­di­gungs­hal­tun­gen. Die jewei­li­gen Trümp­fe von Ost und West pas­sen nebeneinander.

Die Aus­stel­lung „Über Schat­ten sprin­gen“ von Fine Kwiat­kow­ski ist im Bran­den­bur­gi­schen Lan­des­mu­se­um für Moder­ne Kunst bis zum 16. Novem­ber 2025 zu sehen.

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