Ludger Weskamp, der geschäftsführende Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes, ist ein wichtiger Impulsgeber für Ostdeutschland. Er setzt sich ein für Vergewisserung, Verständigung und Versöhnung. Mit diesem Beitrag ist er auch in dem Sammelband „Denke ich an Ostdeutschland ...“ vertreten.

Ludger Weskamp, Geschäftsführender Präsident Ostdeutscher Sparkassenverband. Abbildung: Thomas Trutschel, OSV
Der Ostdeutsche Sparkassenverband (OSV) ist der regionale Sparkassenverband für die 43 Sparkassen in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Er ist als Körperschaft öffentlichen Rechts verfasst, der die Aufgaben hat, das Sparkassenwesen zu fördern, insbesondere die Sparkassen und die Aufsichtsbehörden zu beraten, die Sparkassen-Träger in Fragen des Sparkassenwesens zu unterstützen und Prüfungen bei Mitgliedssparkassen durchzuführen sowie einen Sparkassenstützungsfonds zu unterhalten. Er vertritt bzw. koordiniert die Interessen seiner Mitgliedssparkassen innerhalb der deutschlandweiten Sparkassen-Finanzgruppe sowie gegenüber der Politik.
Sparkassen tragen erheblich zur regionalen Wirtschaftsentwicklung bei.”

Tag der deutsch-deutschen Währungsunion in der Hauptgeschäftsstelle der Sparkasse Mecklenburg-Nordwest in Wismar. Abbildung: Sparkasse Mecklenburg-Nordwest
Die Geschichte
Sparkassen sind seit ihrer Gründung vor 200 bis 250 Jahren nicht aus Landkreisen und Städten wegzudenken. Zunächst war es Ziel und Aufgabe der Sparkassen, wenig begüterten Menschen sichere Geldanlagemöglichkeiten für die Wechselfälle des Lebens zu bieten und so Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Später wurde erkannt, dass Sparkassen auch die mittelständische Wirtschaft mit Krediten unterstützen können und damit einen Beitrag zur regionalen, wirtschaftlichen und sozialen Stabilität leisten.
Außerdem ist der Name „Sparkasse“ mit der Einführung des Giroverkehrs für die breite Allgemeinheit verbunden. Aus alldem entwickelte sich kontinuierlich die Aufgabe der Sicherstellung der öffentlichen Daseinsfürsorge im Finanzbereich, die heute gesetzlich als öffentlicher Auftrag fixiert ist.
Die 43 OSV-Sparkassen und ihr Verband sind heute ein Teil der Sparkassen-Finanzgruppe in Deutschland. Zu dieser zählen insgesamt 351 Sparkassen mit über 11.000 Geschäftsstellen und 190.000 Beschäftigten, außerdem sechs Landesbanken, fünf Landesbausparkassen, sechs öffentliche Versicherungsgruppen, die Deka-Bank, die Deutsche Leasing-Gruppe, der S-Broker, die Finanz-Informatik, zwölf regionale Sparkassenverbände, ein Dachverband (Deutscher Sparkassen- und Giroverband DSGV) sowie viele weitere Spezialdienstleister.
Wie fast alle deutschen Sparkassen sind auch die ostdeutschen Sparkassen kommunal verankerte öffentlich-rechtliche Anstalten. Sie erhalten kein Geld aus öffentlichen Haushalten. Die Sparkassen erwirtschaften ihre Gewinne und Investitionen selbst und ihre Gewinne bleiben in der Region. Sie sind deshalb dem Gemeinwohl besonders verpflichtet und tragen zur guten Entwicklung der Regionen bei. Sie folgen dem Grundprinzip „in der Region, mit der Region, für die Region“.
Das Besondere dabei ist: Jede Sparkasse gestaltet ihre Geschäftspolitik vor Ort autonom und verantwortet diese auch allein. Das folgt einerseits dem Subsidiaritätsprinzip und den föderalen politischen Strukturen in Deutschland. Dieses Prinzip macht die Sparkassen besonders und gibt den Menschen vor Ort die Möglichkeit, sich aktiv zu beteiligen. Dieses dezentrale Prinzip sorgt andererseits auch dafür, dass dort, wo die größte Sachkenntnis bezüglich der regionalen Gegebenheiten, Erfordernisse und Bedürfnisse besteht, nämlich in den Sparkassen, auch die Entscheidungen über Kredite, Investitionen und vieles mehr fallen und nicht in einer fernen Zentrale.
Zugleich nutzen alle Sparkassen dennoch die Zulieferungen von zentralen Dienstleistungsspezialisten aus der Finanzgruppe und treten nach außen weitgehend einheitlich auf. Das erleichtert Kundinnen und Kunden die Wiedererkennung der Marke Sparkasse und der zu erwartenden Dienstleistungen. Außerdem sind mit der Bündelung der Kräfte Kostenvorteile gegenüber einer atomisierten Selbstentwicklung verbunden.
Allen Sparkassen gemeinsam ist die garantierte Bereitstellung eines hochmodernen und flächendeckenden Angebots an Finanzdienstleistungen für alle interessierten Bürger, Unternehmen und Selbstständigen, Vereine und Initiativen sowie für öffentliche Haushalte. Zusätzlich engagieren sich Sparkassen in ihrem gesellschaftlichen Umfeld. Sie fördern Projekte und Initiativen der Kunst und Kultur, des Sports, der Umwelt, der Bildung und Wissenschaft sowie soziale Initiativen. 2023 stellten sie im OSV-Geschäftsgebiet dafür 52 Millionen Euro bereit.

So modern ist die Hauptgeschäftsstelle der Sparkasse Mecklenburg-Nordwest heute. Abbildung: Sparkasse Mecklenburg-Nordwest
Durchstarten ab 1990
Die rechtliche Verfasstheit von Sparkassen und ihr öffentlicher Auftrag erklären auch, warum die Entwicklung der ostdeutschen Sparkassen seit dem Sprung in die Marktwirtschaft 1990 anders als bei vielen anderen ostdeutschen Unternehmen verlaufen ist. Sie wurden aufgrund ihrer Rechtsform und Aufgabenstellung weder von externen Investoren übernommen, noch aufgelöst oder gar liquidiert. Vielmehr haben die Beschäftigten, die Vorstände und die demokratisch gewählten Sparkassen-Verwaltungsräte, die als Kontrollorgane der Sparkassen funktionieren, frühzeitig und durchgreifend damit begonnen, hoch wettbewerbsfähige lokale Kreditinstitute zu schaffen, um den Sprung in die Marktwirtschaft quasi über Nacht zu schaffen und damit für den Aufbau im Osten starke Partnerinnen sein zu können.
Dazu trugen in den frühen 1990er-Jahren neben guten gesetzlichen Rahmenbedingungen auch die technischen und personellen Unterstützungen aus der gesamten deutschen Sparkassenorganisation bei. Jede ostdeutsche Sparkasse erhielt eine West-Partnersparkasse. Westdeutsche Mitarbeitende aus Sparkassen kamen vorübergehend in den Osten, nicht wenige für immer, um vor Ort zu unterstützen. Gleichzeitig erhielten ostdeutsche Sparkassenbeschäftigte die Chance, bei ihren Partnersparkassen in Westdeutschland zu hospitieren. Parallel dazu lief die technisch-organisatorische Zusammenführung. Zusätzlich zum Verband, seiner Prüfungsstelle und seiner Akademie wurden damals schnell weitere notwendige Verbundunternehmen, beispielsweise eine Bausparkasse, aufgebaut.
All diese Anstrengungen folgten der Grundüberlegung, dass die erfolgreiche Überführung aus der sozialistischen Planwirtschaft in eine Marktwirtschaft am besten mit einem leistungsfähigen, dezentral organisiertem Banksystem zu bewältigen ist, eben den öffentlich-rechtlich verfassten, kommunal und regional gebundenen Sparkassen.

Präsentiert von der Sparkasse Leipzig und der Sparkassen-Finanzgruppe Sachsen: die 26. Partner Pferd. Abbildung: Thomas Hellmann Fotografie
Das Beratungshaus
Parallel zu den Sparkassen gelang auch auf Verbandsebene die Erneuerung. Es wurde ein Sparkassenverband, der heutige Ostdeutsche Sparkassenverband, bewusst über Landesgrenzen hinweg gegründet. Er hat von Anbeginn das Selbstverständnis, Dienstleister und Berater seiner Mitglieder zu sein, ihnen damals beim Übergang in die Marktwirtschaft und heute bei der Behauptung ihrer starken Wettbewerbsposition mehrwertschaffend zur Seite zu stehen.
Die Zusammenarbeit zwischen Verband und Sparkassen unterliegt dabei einem stetigen Wandel. Dieser wird bestimmt durch das sich verändernde Bedarfs-, Wettbewerbs- und Regulierungsumfeld. Auf dieser Grundlage führen Kooperation, Kreativität und Flexibilität immer wieder neu zu Ergebnissen, die deutschlandweit in der Sparkassen-Finanzgruppe Beachtung finden.
Bis zum heutigen Verband als Sparkassen-Beratungshaus folgten mehrere Zwischen-Entwicklungsstufen der vertieften und arbeitsteiligen Zusammenarbeit sowie der Prozessoptimierung – sowohl im Verband als auch in den Sparkassen. Festzuhalten ist auch, dass die ostdeutschen Sparkassen schnell zu einem selbstverständlichen und anerkannten Bestandteil des deutschlandweiten Sparkassenverbundes wurden, der sich engagiert in die Gruppe einbringt.
Die professionelle Facharbeit und die konsequent verfolgte Veränderungspolitik haben sich für die ostdeutschen Sparkassen ausgezahlt. Seit etwa 20 Jahren zählen sie – gemessen an ihrer betriebswirtschaftlichen Effizienz und ihrer Resilienz – innerhalb der deutschen Sparkassen-Finanzgruppe zur Spitzengruppe. Ihre Position als Marktführer zeigt sich nicht nur an rund sechs Millionen Girokonten bei etwa zehn Millionen Einwohnern. Sie zeigt sich ebenfalls anhand ihres Marktanteils von 45 Prozent aller Finanzierungen bei Selbstständigen und 84 Prozent bei Handwerkern.
Sparkassen tragen erheblich zur regionalen Wirtschaftsentwicklung bei. Allein 2023 betrugen in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt ihre neu zugesagten Kredite über zehn Milliarden Euro. Das entspricht gut 37 Prozent des Zuwachses des addierten Bruttoinlandsprodukts in laufenden Preisen der vier genannten Bundesländer. Klar ist für uns: Die ostdeutschen Sparkassen bleiben weiterhin wettbewerbsstark und vor Ort fest verwurzelt. Sie erfüllen ihren öffentlichen Auftrag trotz sich rasant ändernder Umfeldbedingungen und Anforderungen. Die Nähe zu ihren Kunden und ihre flächendeckende Präsenz bilden die Grundlage dafür.
Blick nach vorn
Die Sparkassen werden auch weiterhin die Zukunft mitgestalten. Sie werden die finanzierende Begleitung der Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschafts- und Lebensweise gestalten helfen. Sparkassen kehren dabei ihren Kunden nicht den Rücken zu, weil diese noch nicht grün wirtschaften und leben, sondern stehen ihnen zur Seite, wenn sie sich auf den Weg dorthin begeben.
Um die Klimaziele von 2045 zu erreichen, müssen allein in den nächsten fünf Jahren in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt knapp 28 Milliarden Euro zusätzlich investiert werden. Nur ein geringer Teil dieser Summen ist aus öffentlichen Mitteln finanzierbar. Mit Krediten und als Finanzierer von Projekten, allein oder im Sparkassenverbund, werden die Sparkassen hierfür notwendige Mittel aufbringen. Sparkassen werden auch weiterhin, wie sonst keine Bank, mit Geschäftsstellen und Geldautomaten in der Fläche vertreten sein. Mit neuen und weiterentwickelten Angeboten wie Rudi („Rund um die Immobilie“), der Sparkassen-App oder Wero, dem neuen europäischen Zahlungssystem, werden die Sparkassen den Menschen in Ostdeutschland bei der Gestaltung ihres Lebens helfen.
Spenden und Sponsorings der Sparkassen werden auch weiterhin dazu beitragen, dass Sportangebote, Umweltprojekte, soziales Leben, Bildung und Wissenschaft sowie Kunst und Kultur in Ostdeutschland vorhanden sind und sich weiterentwickeln können. Und das werden wir gemeinsam mit den Menschen vor Ort schaffen. Denn Entscheidungen vor Ort, Beteiligung und der Kontakt zu den handelnden Menschen, das Kennen der örtlichen Verhältnisse sind entscheidende Voraussetzungen für eine erfolgreiche gemeinsame Zukunft. Dafür stehen wir und davon sind wir überzeugt.
Ostdeutscher Sparkassenverband
GEGRÜNDET: 1990/Strausberg
STANDORTE: Berlin, Potsdam
MITARBEITENDE: 300
WEBSITE: osv-online.de
Ludger Weskamp
GEBOREN: 1966/Paderborn
WOHNORT (aktuell): Oranienburg
MEIN BUCHTIPP: Francis Fukuyama: „Identität“, 2019
MEIN FILMTIPP: „Das Leben der Anderen“, 2006
MEIN URLAUBSTIPP: mehrtägige Schifffahrt auf der Elbe von Sachsen nach Mecklenburg-Vorpommern und zurück auf dem Elberadweg
![]() „Denke ich an Ostdeutschland ...“In der Beziehung von Ost- und Westdeutschland ist auch 35 Jahre nach dem Mauerfall noch ein Knoten. Dieser Sammelband will einen Beitrag dazu leisten, ihn zu lösen. Die 60 Autorinnen und Autoren geben in ihren Beiträgen wichtige Impulse für eine gemeinsame Zukunft. Sie zeigen Chancen auf und skizzieren Perspektiven, scheuen sich aber auch nicht, Herausforderungen zu benennen. Die „Impulsgeberinnen und Impulsgeber für Ostdeutschland“ erzählen Geschichten und schildern Sachverhalte, die aufklären, Mut machen sowie ein positives, konstruktiv nach vorn schauendes Narrativ für Ostdeutschland bilden. „Denke ich an Ostdeutschland ... Impulse für eine gemeinsame Zukunft“, Frank und Robert Nehring (Hgg.), PRIMA VIER Nehring Verlag, Berlin 2024, 224 S., DIN A4. Als Hardcover und E-Book hier erhältlich. |