Keiner von ihnen hat die Teilung Deutschlands miterlebt, aber die beiden Nachwendekinder spüren ihre Auswirkungen bis heute. Weil Beatrice von Braunschweig (25) und Daniel Schüler (25) von N5 Symposium viel Potenzial in ihrer Heimat Ostdeutschland sehen, schreiben sie in dieser neuen Kolumne abwechselnd ihre jugendlich-optimistischen Denkansätze auf. In Folge eins äußert sich Daniel Schüler zum Thema Ostbeauftragter.
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Beatrice von Braunschweig (25) und Daniel Schüler (25) sehen in ihrer Heimat Ostdeutschland viel Potenzial. Abbildung: Moritz Lenz
„Reiseonkel“, „Pöstchen“ – der Ostbeauftragte bekommt dieser Tage einige Sticheleien ab. Plötzlich Wahlkampfthema, möchte die CDU das Amt des Beauftragten der Bundesregierung für Ostdeutschland abschaffen. Die SPD und das Bündnis 90/Die Grünen halten dagegen … Und der Amtsträger selbst? Zeigt sich unentschlossen. Doch die Diskussion ist nicht neu, nur neu aufgewärmt als womöglich letzte Mahlzeit im Kampf um die ostdeutsche Wahlgemeinschaft. Der Literaturwissenschaftler und Autor Dirk Oschmann verteidigte im Streitgespräch mit Carsten Schneider seine Forderung, das Amt abzuschaffen. Es heißt, dass ein Ostbeauftragter machtlos sei und nur Visitenkarten verteile. Dieses Bild ist aber falsch: Seine Unterstützung ist für uns Ehrenamtliche essenziell.
Sichtbarkeit und Förderung für ostdeutsches Engagement
Unsere persönliche Geschichte begann 2021, als Beatrice mit zehn weiteren klugen Köpfen an der Idee für das N5 Symposium tüftelte – die erste Studierendenkonferenz für die neuen Bundesländer. Damals startete unser Team bei Null: Wir hatten weder einen Namen noch Kontakte und erst recht kein Geld. Erst mit der Zusage aus Berlin verwandelte sich unsere Vision in ein konkretes Projekt: Der Ostbeauftragte – damals noch Marco Wanderwitz (CDU) – sagte uns die finanzielle Unterstützung zu. Ohne den Ostbeauftragten würde es das ehrenamtlich organisierte N5 Symposium womöglich nicht geben. Die Förderung lief in all den Jahren reibungslos und gab uns als junger Organisation den Raum zum Wachsen. Damit schaffen wir seit vier Jahren eine Plattform für junge Menschen und Führungskräfte aus der Region, ermöglichen ostdeutschen Expertinnen und Experten Sichtbarkeit und gestalten generationsübergreifend Diskurse mit. Und wir sind nicht die Einzigen: Das Amt des Ostbeauftragten ermöglicht den Ideenwettbewerb „machen!“ und die vielversprechende Gemeinschaftsinitiative „Zukunftswege Ost“.
Mit dem Ohr an der Basis
In den letzten vier Jahren kreuzte sich unser Weg mit dem Ostbeauftragten Carsten Schneider oft. Sehr oft. Egal ob bei der Freiwilligen Feuerwehr, im Fußballstadion oder auf unserem N5 Symposium – Carsten Schneider traf man überall. In Gesprächen mit seinem liebevollen Thüringer Dialekt machte er vor allem eines: zuhören. Er stellte sich unangenehmen Bürgerfragen und trug die Sorgen und Nöte in das politische Berlin. Ein Ort, der für den Großteil der ostdeutschen Bevölkerung nur in der Tagesschau zum Greifen nahe ist. Der nette „Reiseonkel“ von nebenan eben.
Kurze Wege nach ganz oben
Das Amt des Ostbeauftragten war jahrelang beim Wirtschaftsministerium angedockt. Dann zog der Posten ins Bundeskanzleramt um, mit kurzen Wegen zum Chef. Und diese Bühne teilt Carsten Schneider gern mit der Öffentlichkeit. Regelmäßig lud er zu Veranstaltungen über Ostdeutschland ein, zum Beispiel dem „Women Leaders Salon Ostdeutschland“. Auch wir waren mit einer jungen Delegation dort zum Gespräch mit dem Staatsminister. Ein „Pöstchen“ mit Einfluss eben.
Und nun? Bleibter oder kann er wech?
Die Verschlankung der Verwaltung und der Abbau der Bürokratie sind gerade im Wahlkampf beliebte Argumente. Sicherlich hat Carsten Schneider das Amt auch mit seiner Persönlichkeit gefüllt. Ohne das Amt des Beauftragten der Bundesregierung für Ostdeutschland würde aber eine ideelle und finanzielle Lücke entstehen. Ob die Bundesregierung weiterhin die ostdeutsche Zivilgesellschaft gleichermaßen unterstützen würde, ist aus heutiger Sicht fraglich – aber unbedingt notwendig.
Beatrice von Braunschweig ist Schülerin der Deutschen Journalistenschule. Seitdem sie 2021 das N5 Symposium mitgegründet hat, taucht sie gern in Diskussionen rund um Ostdeutschland ab. Sie ist in Halle (Saale) geboren und lebt für kurze Zeit in München.
Daniel Schüler arbeitet als Programmmanager bei der Schöpflin Stiftung. 2023 hat er das N5 Symposium als Vorstandsmitglied organisiert. Er kommt aus dem Harz, erkennt alle Kalendermotive aus Sachsen-Anhalt und lebt in Magdeburg.