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Nordkorea und die DDR: Steinzeitkommunismus und real existierender Sozialismus

Nord­ko­rea mit der DDR zu ver­glei­chen macht auf den ers­ten Blick wenig Sinn. Dr. Tobi­as Leh­mann fin­det, ein Ver­gleich drängt sich den­noch auf. Denn ein paar Par­al­le­len gibt es schon.

Im Rahmen seines DDR-Besuchs traf Kim Il Sung Erich Honecker am 1. Juni 1984 im Palast der Republik. Abbildung: Bundesarchiv, Bild 183-1984-0601-041 / Mittelstädt, Rainer / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en>, via Wikimedia Commons

Im Rah­men sei­nes DDR-Besuchs traf Kim Il Sung am 1. Juni 1984 Erich Hon­ecker im Palast der Repu­blik. Abbil­dung: Bun­des­ar­chiv, Bild 183-1984-0601-041 / Mit­tel­städt, Rai­ner / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE

Die DDR war im Ver­gleich zu Nord­ko­rea sehr offen, zumin­dest eini­ge Men­schen­rech­te waren gewähr­leis­tet. In der DDR gab es ein mini­ma­les wirt­schaft­li­ches Ver­sor­gungs­sys­tem, in dem die Ein­woh­ner durch Arbeit ein Gehalt erhiel­ten, Lebens­mit­tel kau­fen und sogar spa­ren konnten.

Im Gegen­satz dazu ist Nord­ko­rea ein Land, in dem das Gehalt nicht aus­reicht, um zu über­le­ben. Ein Arzt kann sich von sei­nem Monats­lohn nur eine Kugel Eis kau­fen. Das Land muss sei­nen Bür­gern alle lebens­not­wen­di­gen Güter zur Ver­fü­gung stel­len, da das Leben sonst nicht mög­lich wäre. In den frü­hen 1990er-Jah­ren brach die Ver­sor­gung plötz­lich zusam­men, was zu Mil­lio­nen von Hun­ger­op­fern führte.

Zudem konn­ten DDR-Rent­ner in die BRD rei­sen und Brie­fe mit West­deutsch­land aus­tau­schen, auch wenn die­se oft­mals von der Sta­si kon­trol­liert wor­den sind. Im Gegen­satz dazu sind Nord- und Süd­ko­rea immer noch im Kriegs­zu­stand, und jeder Ver­such, Kon­takt mit dem feind­li­chen Staat auf­zu­neh­men, auch mit Ver­wand­ten, ver­stößt gegen das natio­na­le Sicher­heits­ge­setz. Vie­le getrenn­te Fami­li­en ver­mis­sen ein­an­der seit mehr als 70 Jah­ren. Vie­le ster­ben, ohne ihre Ver­wand­ten jemals wie­der­ge­se­hen zu haben.

Eine Nord­ko­rea­ne­rin, die über Chi­na nach Süd­ko­rea geflüch­tet ist und in Ber­lin wohnt, emp­fin­det jedoch Gemein­sam­kei­ten mit Ost­deut­schen, sodass sie gern mit ihren ost­deut­schen Kol­le­gen plau­dert: „Obwohl wir aus unter­schied­li­chen Alters­grup­pen und Hin­ter­grün­den kom­men, haben wir auf­grund unse­rer Erfah­run­gen im kom­mu­nis­ti­schen Sys­tem eine gemein­sa­me Ver­bin­dung und kön­nen heu­te über man­ches zusam­men lachen.“

Bilaterale Beziehungen und Aufbauhilfe für Hamhung

Auch auf der poli­ti­schen Ebe­ne gab es Gemein­sam­kei­ten. Die weit ent­fern­ten kom­mu­nis­ti­schen Cou­sins Demo­kra­ti­sche Volks­re­pu­blik Korea (DVRK) und DDR ver­band wäh­rend des Kal­ten Krie­ges eini­ges. Bei­de Län­der waren kurz zuvor Opfer von Flä­chen­bom­bar­de­ments gewor­den, bei­de waren Teil eines nach Krie­gen gespal­te­nen Lan­des, bei­de hat­ten auf inter­na­tio­na­ler Ebe­ne nur weni­ge Freun­de und waren auf der Suche nach neu­en. Die DDR erkann­te Nord­ko­rea 1949 an, fast unmit­tel­bar nach ihrer Grün­dung und noch vor Aus­bruch des Korea­krie­ges: „Die demo­kra­ti­schen Kräf­te Deutsch­lands füh­len sich dem korea­ni­schen Volk beson­ders ver­bun­den, das wie das deut­sche Volk für die natio­na­le Ein­heit und die Aner­ken­nung sei­ner Rech­te auf inter­na­tio­na­ler Ebe­ne kämpft“, schrieb der dama­li­ge Außen­mi­nis­ter der DDR Georg Der­tin­ger an sei­nen nord­ko­rea­ni­schen Amts­kol­le­gen, als die Bezie­hun­gen for­mell auf­ge­nom­men wor­den sind.

Die bei­den Län­der koope­rier­ten wäh­rend des Kal­ten Krie­ges in unter­schied­li­chem Maße. Nir­gend­wo war dies deut­li­cher als in der Hafen­stadt Ham­hung, Nord­ko­re­as zweit­größ­ter Stadt nach der Haupt­stadt Pjöng­jang. Wäh­rend des Korea­kriegs wur­de die Stadt durch die Bom­ben der USA fast dem Erd­bo­den gleich­ge­macht, eine Geschich­te, die in ost­deut­schen Städ­ten wie Dres­den sicher­lich Anklang fand. „Die DDR inves­tier­te dar­auf­hin Mil­lio­nen, um alles wie­der auf­zu­bau­en“, sag­te Bernd Stö­ver, Geo­po­li­tik-His­to­ri­ker an der Uni­ver­si­tät Pots­dam, ein­mal gegen­über der Deut­schen Wel­le. „Sie schenk­te Nord­ko­rea prak­tisch eine sozia­lis­ti­sche Stadt.“ Ein Team ost­deut­scher Inge­nieu­re, Archi­tek­ten und Bau­spe­zia­lis­ten wur­de ent­sandt und arbei­te­te zwi­schen 1954 und 1962 in Ham­hung. Nach Beob­ach­tun­gen der ost­deut­schen Bot­schaft schrit­ten ihre Arbei­ten so gut vor­an, dass ein Teil der Res­sour­cen und Arbeits­kräf­te spä­ter nach Pjöng­jang umge­lei­tet wur­de, um sicher­zu­stel­len, dass Ham­hung die Haupt­stadt nicht in den Schat­ten stellte.

Aber es gab auch eini­ge Gegen­sät­ze zwi­schen den bei­den kom­mu­nis­ti­schen „Bru­der­län­dern“. Sie wur­den zum Bei­spiel bei einem Staats­be­such von Kim Il Sung in der DDR deut­lich. Kim besuch­te 1984 die DDR, wo ein bila­te­ra­les Kul­tur­freund­schafts­ab­kom­men unter­zeich­net wur­de – ein Pro­zess, der mit Hon­eckers Besuch in Nord­ko­rea 1977 begon­nen hat­te. Kim soll von den deut­schen Fort­schrit­ten in Tech­no­lo­gie und Infor­ma­tik sehr beein­druckt gewe­sen sein und äußer­te Inter­es­se an einer ver­tief­ten Zusam­men­ar­beit in Bil­dung und For­schung. Im Lau­fe der Jah­re wur­de ein ste­ti­ger Strom nord­ko­rea­ni­scher Stu­den­ten an DDR-Uni­ver­si­tä­ten geschickt. Aber dies wur­de zu einer Belas­tung, als eini­ge Dok­to­ran­den wäh­rend ihrer Prak­ti­ka in DDR-Fabri­ken beim Ver­such erwischt wor­den sind, Betriebs­ge­heim­nis­se zu stehlen.

Der Personenkult um Kim Il Sung

Die DDR-Füh­rung hat­te größ­te Sor­ge um den „Per­so­nen­kult“, der um den „gro­ßen Füh­rer“ Kim Il Sung auf­ge­baut wur­de. „Um Kim Il Sung kon­zen­triert sich seit lan­gem ein immer stär­ker wer­den­der Per­so­nen­kult. Alle Errun­gen­schaf­ten der Par­tei und des korea­ni­schen Vol­kes wer­den in ers­ter Linie dem Wir­ken des Genos­sen Kim Il Sung zuge­schrie­ben. So wird eine Legen­de um Kim Il Sung geschaf­fen, die, bei allem Respekt vor den Akti­vi­tä­ten des Genos­sen Kim Il Sung, nicht den wah­ren Tat­sa­chen ent­spricht“, heißt es in einem inter­nen SED-Par­tei­be­richt von 1961.

Wenn man die­se all­zu bekann­te Selig­spre­chung eines star­ken Füh­rers mit der star­ken Beto­nung des Korea­nisch­seins und des korea­ni­schen Vol­kes in der nord­ko­rea­ni­schen Pro­pa­gan­da ver­bin­det, müs­sen DDR-Beam­te, die sich noch an das Deutsch­land Adolf Hit­lers erin­nern, Par­al­le­len bemerkt haben. Im sel­ben SED-Bericht von 1961 heißt es wei­ter: „Die gesam­te Pro­pa­gan­da der Nord­ko­rea­ni­schen Arbei­ter­par­tei basiert nicht auf den Wer­ken des Mar­xis­mus-Leni­nis­mus, son­dern ein­zig und allein auf den ‚wei­sen Leh­ren unse­res berühm­ten Füh­rers, Genos­sen Kim Il Sung‘.“

Undankbarkeit, Lügen und Hungersnöte

Die DDR war nach der Sowjet­uni­on und Chi­na der dritt­größ­te Geber von Finanz­hil­fe für Nord­ko­rea. Aber die DDR hat­te nicht immer das Gefühl, dass ihre Hil­fe mit Wohl­wol­len ange­nom­men wurde.

Der Hafen in Ham­hung, der für Hun­der­te von Mil­lio­nen wie­der auf­ge­baut wur­de, ist ein gutes Bei­spiel dafür. Er gab der DDR spä­ter nicht nur einen Vor­ge­schmack auf die Undank­bar­keit, son­dern auch einen Ein­blick in die Bereit­schaft der Nord­ko­rea­ner, die eige­ne Bevöl­ke­rung zu täu­schen und sogar der eige­nen jüngs­ten Pro­pa­gan­da direkt zu widersprechen.

Als das Pro­jekt 1962 auf­grund finan­zi­el­ler Pro­ble­me in Ost­ber­lin zwei Jah­re frü­her als geplant ende­te, berich­te­ten die nord­ko­rea­ni­schen Medi­en aus­führ­lich über die Bemü­hun­gen. Kim Il Sung lob­te die Unter­stüt­zung der DDR als „einen erha­be­nen Aus­druck pro­le­ta­ri­schen Inter­na­tio­na­lis­mus“. Doch inner­halb weni­ger Mona­te wur­de die Rol­le der DDR in dem Pro­jekt her­un­ter­ge­spielt. Deut­sche Fir­men­schil­der wur­den von den Maschi­nen in Ham­hung ent­fernt und durch sol­che ersetzt, die nord­ko­rea­ni­sche Pro­duk­ti­on sug­ge­rier­ten. Den­noch stell­te das DDR-Außen­mi­nis­te­ri­um 1964 fest, dass die Nord­ko­rea­ner Pro­ble­me mit den Maschi­nen oder Eng­päs­se in den Fabri­ken wei­ter­hin auf Ver­säum­nis­se der DDR zurück­ge­führt haben. Das ent­sprach nicht der Wahr­heit. Die Nord­ko­rea­ner waren selbst nicht in der Lage, kleins­te Repa­ra­tur­ar­bei­ten durchzuführen.

Die DDR brach zusam­men, bevor in den 1990er-Jah­ren unter Kim Jong Il, dem Vater des heu­ti­gen Macht­ha­bers Kim Jong Un, die schlimms­ten Hun­gers­nö­te Nord­ko­re­as aus­bra­chen. Ver­läss­li­che Zah­len lie­gen nicht vor, doch wird ange­nom­men, dass Nah­rungs­mit­tel­knapp­heit zwi­schen 250.000 und 3,5 Mil­lio­nen Men­schen­le­ben for­der­te. Selbst die­ses Pro­blem hat­ten DDR-Beam­te in ihren Mit­tei­lun­gen her­vor­ge­ho­ben. Ende der 1960er-Jah­re, mehr als ein Jahr­zehnt nach dem Korea­krieg, war die Lebens­mit­tel­ra­tio­nie­rung noch in vol­lem Gan­ge. Bot­schafts­mit­ar­bei­ter bemerk­ten aber die Skep­sis der Öffent­lich­keit gegen­über einem Par­tei­tag der Korea­ni­schen Arbei­ter­par­tei im Jahr 1968, auf dem die Bereit­stel­lung von mehr Lebens­mit­teln ver­spro­chen wurde.

„Die For­de­rung des Ple­nums nach ‚zehn Gramm Fett pro Tag und Kopf‘ wird von der Bevöl­ke­rung nicht ernst genom­men, weil sie unrea­lis­tisch und viel zu hoch ist“, berich­te­te die lang­jäh­ri­ge Pro­fes­so­rin für Korea­nis­tik an der Ost­ber­li­ner Hum­boldt-Uni­ver­si­tät Hel­ga Picht damals. „Letz­tes Jahr lag der Durch­schnitt – für das gesam­te Jahr – bei nur 200 Gramm Fett pro Per­son.“ Eine wie so oft bewusst gewähl­te Täu­schung der Par­tei und ein Wider­spruch mit der grau­en Rea­li­tät zugleich – zumin­dest das haben die bei­den sozia­lis­ti­schen „Bru­der­län­der“ gemeinsam.

Dr. Tobi­as Leh­mann hat an der Uni­ver­si­ty of Ore­gon zum The­ma Wen­de­li­te­ra­tur pro­mo­viert. Gebo­ren 1981 in Eisen­hüt­ten­stadt war er lan­ge Zeit in Süd­ko­rea und anschlie­ßend in den USA tätig.

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