Trotz moderner Hochschulen, gut ausgebildeter Absolventen und hoher Lebensqualität steht Ostdeutschland als Bildungsstandort selten im Fokus. Warum das ein Fehler ist und wie neue Bildungsinitiativen gegensteuern können, erklärt Bildungsunternehmer Thomy Roecklin im Interview.

Mit seinem Unternehmen Distart, einem Bildungsinstitut für digitales Marketing und KI, setzt Thomy Roecklin auf Leipzig als Standort – und auf die Chancen, die Ostdeutschland bietet. Abbildung: Distart
ostdeutschland.info: Herr Roecklin, in Ostdeutschland wird viel über Fachkräftemangel gesprochen. Wie kann Weiterbildung hier wirksam ansetzen und sichtbarer werden?
Thomy Roecklin: Das Potenzial im Osten ist groß: motivierte Menschen, gute Voraussetzungen, wachsender Bedarf an digitalen Kompetenzen. Weiterbildungen sind ein zentraler Hebel, um diese besser zu nutzen, besonders durch flexible, praxisorientierte und öffentlich geförderte Qualifizierungsangebote. Viele gute Initiativen entstehen außerhalb der Metropolen, werden jedoch oft zu wenig wahrgenommen. Es braucht mehr Angebote, die nicht nur Wissen vermitteln, sondern konkrete Jobperspektiven schaffen. Es fehlt an gezielten Investitionen in praxisnahe Qualifizierungen und einer besseren Kommunikation dieser Chancen.
Woran liegt es, dass Ostdeutschland als Standort für Qualifizierung oft übersehen wird?
Viele junge Menschen verbinden Ostdeutschland mit politischen Spannungen und geringeren Karrierechancen. Auch der demografische Wandel ist spürbar. Gleichzeitig fehlt es an sichtbaren Erfolgsgeschichten, die zeigen, wie viel hier bereits passiert. Dabei entstehen genau hier spannende Bildungsinitiativen – sie werden nur zu selten wahrgenommen.
Sie haben Ihr Unternehmen Distart in Leipzig gegründet. Warum fiel Ihre Wahl auf diesen Standort?
Weil Leipzig den richtigen Mix bietet: gut ausgebildete Menschen, wirtschaftliche Dynamik, hohe Nachfrage nach Qualifizierung – bei Berufstätigen, Arbeitssuchenden und Quereinsteigern. Wir entwickeln bei Distart praxisorientierte Onlineprogramme in Bereichen wie Digital Marketing und KI. Unsere Formate sind beispielsweise über Bildungsgutscheine förderfähig und so konzipiert, dass sie sich direkt im Arbeitsalltag anwenden lassen. Zukünftig werden wir unser Angebot auch in unserer eigenen Hochschule, der Distart University of Applied Sciences, anbieten. Diese befindet sich aktuell noch in der Gründung. Unser Ziel: Lernangebote dort verfügbar machen, wo sie wirklich gebraucht werden.
Was unterscheidet moderne Weiterbildungen von klassischen Schulungsformaten?
Wir sprechen heute nicht mehr nur über Wissenstransfer, sondern über gezielten Kompetenzaufbau. Entscheidend ist, dass Inhalte an echten Anforderungen aus dem Berufsalltag ausgerichtet sind. Gute Programme kombinieren digitales Lernen mit Coaching, Projektarbeit und persönlichem Feedback.
Welche Rolle spielt staatliche Förderung dabei?
Förderung ist oft der entscheidende Faktor für den Zugang. Sie ermöglicht es, dass Menschen sich unabhängig vom Einkommen weiterbilden können. Programme wie der Bildungsgutschein wirken hier wie ein Türöffner. Wichtig ist aber, dass die Fördermittel mit hochwertigen Angeboten zusammenkommen und dass die Menschen bei der Antragstellung und Umsetzung begleitet werden. Auch das ist Teil moderner Bildungsarbeit.
Wie können Lernangebote zur regionalen Entwicklung beitragen?
Indem sie Perspektiven schaffen. Wer die Chance bekommt, sich weiterzuentwickeln und beruflich anzukommen, bleibt eher in der Region. Sie fördern Netzwerke zwischen Anbietern, Betrieben sowie Verwaltung und können Innovationen anstoßen. Bildung hat also nicht nur individuelle, sondern auch gesellschaftliche Wirkung.
Welche Chance hat Ostdeutschland als Standort für Qualifizierung und Weiterbildung?
Eine sehr große. Die Nachfrage ist da, die Menschen sind bereit. Mit starken digitalen Formaten und intelligenter Förderung kann die Region nicht nur aufholen, sondern eigene Stärken entwickeln. Genau darauf setzen wir mit Distart.



























