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Ostdeutsche Wirtschaftsregionen #3: Das Vogtland – Hightech entlang der A 72

Plaue­ner Spit­ze und Instru­men­ten­bau im Musik­win­kel – die Wirt­schaft im Vogt­land blickt auf eine lan­ge und facet­ten­rei­che Tra­di­ti­on zurück. Doch die rund 20.000 Unter­neh­men in der Regi­on arbei­ten auch an der Zukunft und den Pro­duk­ten von mor­gen. Ein Wirtschaft+Markt-Beitrag von Mat­thi­as Salm.

Gewerbegebiet Klingenthal. Abbildung: Stadt Klingenthal

Gewer­be­ge­biet Klin­gen­thal. Abbil­dung: Stadt Klingenthal

Am Ran­de Sach­sens, aber zen­tral in Euro­pa: So sieht sich das Vogt­land in sei­nem Selbst­ver­ständ­nis. 1996 wur­den die Krei­se Auer­bach, Klin­gen­thal, Oels­nitz, Rei­chen­bach und Plau­en zusam­men­ge­legt. Seit­dem steht das Vogt­land unter einer gemein­sa­men Land­kreis­ver­wal­tung mit Sitz in Plau­en. Die Tex­til­stadt ist hin­ter Dres­den, Leip­zig, Chem­nitz und Zwi­ckau die fünft­größ­te Stadt im Frei­staat. „Die vogt­län­di­sche Wirt­schaft ist mit­tel­stän­disch geprägt mit einer gro­ßen Bran­chen­viel­falt und einer hohen Dich­te an Hand­werks­be­trie­ben“, sagt Mari­on Päß­ler, Lei­te­rin des Amts für Wirt­schaft und Bil­dung im Land­kreis Vogt­land. „Die Unter­neh­men der Regi­on sind in der tra­di­ti­ons­rei­chen Tex­til­wirt­schaft, im Maschi­nen- und Anla­gen­bau, im Metall­bau, in der IT- und Elek­tro­in­dus­trie, in der Medi­zin­tech­nik, der Lebens­mit­tel­in­dus­trie und als Zulie­fe­rer für die Auto­mo­bil­bran­che tätig.“ Eine beson­de­re Stel­lung im wirt­schaft­lich star­ken Hand­werk nimmt der Musik­in­stru­men­ten­bau mit sei­ner über 300-jäh­ri­gen Geschich­te in Mark­neu­kir­chen und Klin­gen­thal ein. Aller­dings ist das Vogt­land wie vie­le ande­re ost­deut­sche Regio­nen vom demo­gra­fi­schen Wan­del bedroht. Es steht ein Ver­lust von einem Drit­tel des Arbeits­kräf­te­po­ten­zi­als inner­halb der nächs­ten zehn Jah­re im Raum.

Spürbarer Wandel in der Textilindustrie

Die Wirt­schaft des Vogt­lands hat nach 1990 eine umfas­sen­de Trans­for­ma­ti­on durch­lau­fen. Ihr Herz schlug einst in der Tex­til­in­dus­trie. Schon im 19. Jahr­hun­dert ent­wi­ckel­te sich die Regi­on zu einem Zen­trum der Tex­til­wirt­schaft. Die Viel­falt der hand­werk­li­chen Fähig­kei­ten war beein­dru­ckend: Webe­rei, Sti­cke­rei- und Spit­zen­pro­duk­ti­on sowie die Tep­pich­ma­cher mach­ten das Vogt­land welt­weit bekannt. Vie­les davon ist heu­te muse­al und wird etwa in der „Fabrik der Fäden“ in Plau­en auf­be­rei­tet und dokumentiert.

Auch heu­te noch erzie­len die 21 vogt­län­di­schen Mit­glieds­un­ter­neh­men des Ver­ban­des der nord­ost­deut­schen Tex­til- und Beklei­dungs­in­dus­trie mehr als 180 Mil­lio­nen Euro Umsatz. Den­noch haben sich die wirt­schaft­li­chen Gewich­te ver­scho­ben. Denn kaum eine ande­re Bran­che hat in Deutsch­land in den letz­ten Jahr­zehn­ten einen so tief­grei­fen­den Wan­del durch­lau­fen wie die Tex­til­in­dus­trie. Davon blieb auch das Vogt­land nicht ver­schont. Die Pro­duk­ti­on von Beklei­dung und Heim­tex­ti­li­en ist aus Sach­sen nach Asi­en abge­wan­dert. „Statt­des­sen kon­zen­trie­ren sich die Unter­neh­men auf die Her­stel­lung hoch­spe­zia­li­sier­ter tech­ni­scher Tex­ti­li­en mit neu­en Mate­ria­li­en, Beschich­tun­gen und Bear­bei­tungs­tech­no­lo­gien“, beschreibt Päß­ler den Wandel.

Die Tex­til­bran­che hat sich zu einer klas­si­schen Zulie­fer­indus­trie ent­wi­ckelt. Haupt­ab­neh­mer sind heu­te die Auto­mo­bil­her­stel­ler, das Gesund­heits­we­sen, Bau­fir­men und die Che­mie­in­dus­trie. Die Palet­te reicht von Kunst­le­der und tech­ni­schen Beschich­tun­gen über Geo­kunst­stof­fe, Nadel-, Ther­mo- und Bin­der­vlies­stof­fe bis zu Smart Tex­ti­les und Smart Embro­idery (Sti­cke­rei). Eini­ge Bei­spie­le: Die Pau­lus Tex­til GmbH in Auer­bach fer­tigt tex­ti­le Sys­te­me für den Son­nen- und Wet­ter­schutz. Die Embro GmbH in Fal­ken­stein ist Exper­te im Bereich der tech­ni­schen Sti­cke­rei mit ins­ge­samt 45 Mit­ar­bei­ten­den. Die Filz­tuch­fa­brik Rode­wisch in Len­gen­feld pro­du­ziert Tro­cken­sie­be und Fil­ze für Papier­ma­schi­nen sowie Fil­ter­sie­be und Trans­port­bän­der für die Umwelt­tech­nik. Die Geschich­te der Vowalon Beschich­tung GmbH reicht gar bis ins Jahr 1900 zurück. Sie besetzt als Spe­zia­list für Kunst­le­der sowie tech­ni­sche Beschich­tun­gen Nischen­märk­te, dies aber mit Kun­den in über 40 Län­dern. So arbei­ten die über 200 Beschäf­tig­ten mehr­heit­lich für den Export. Ihre Pro­duk­te sind Pols­ter- und Fahr­zeug­kunst­le­der, fle­xi­ble Mate­ria­li­en für tech­ni­sche Zwe­cke sowie Flamm­ka­schie­run­gen für die Fahrzeugindustrie.

Die vogt­län­di­sche Tex­til­in­dus­trie ist heu­te einem star­ken Wett­be­werb aus­ge­setzt und mehr denn je auf inno­va­ti­ve Ent­wick­lun­gen ange­wie­sen. Dafür pfle­gen die Unter­neh­men enge Koope­ra­tio­nen mit der For­schung, etwa mit dem Tex­til­for­schungs­in­sti­tut Thü­rin­gen-Vogt­land in Greiz im thü­rin­gi­schen Teil des Vogt­lands, mit dem Säch­si­schen Tex­til­for­schungs­in­sti­tut, einem An-Insti­tut der TU Chem­nitz oder dem Insti­tut für Tex­til- und Leder­tech­nik an der West­säch­si­schen Hoch­schu­le Zwickau.

Der Musikwinkel Deutschlands

Als Musik­win­kel Deutsch­lands erlang­te das Vogt­land eben­falls schon vor über 300 Jah­ren Berühmt­heit im Bau von Musik­in­stru­men­ten. Sai­ten­in­stru­men­te, Zithern, Holz- und Blech­blas­in­stru­men­te, Har­mo­ni­kas oder Akkor­de­ons – die Instru­men­te aus dem Vogt­land setz­ten in Euro­pa über lan­ge Zeit Maß­stä­be. Geblie­ben sind von die­ser ein­zig­ar­ti­gen hand­werk­li­chen Spe­zia­li­sie­rung rund 1.300 Beschäf­tig­te in über 100 Werk­stät­ten. Der Musik­in­stru­men­ten­bau im Vogt­land steht seit 2014 auf der Bun­des­lis­te für das imma­te­ri­el­le Welt­kul­tur­er­be der Unesco. Er gehört zur Iden­ti­tät der Regi­on wie die Plaue­ner Spit­ze oder die impo­san­te Göltzsch­tal­brü­cke, zugleich die größ­te Zie­gel­stein-Brü­cke der Welt und das archi­tek­to­ni­sche Wahr­zei­chen des Vogt­lan­des. Flücht­lin­ge aus Böh­men brach­ten die Kunst des Musik­in­stru­men­ten­baus im 17. Jahr­hun­dert nach Mark­neu­kir­chen und Klin­gen­thal. Bis heu­te wird bis auf weni­ge Aus­nah­men das gesam­te Instru­men­ta­ri­um eines Orches­ters im Musik­win­kel ent­we­der her­ge­stellt, ver­trie­ben oder repa­riert. Neben den klei­nen Manu­fak­tu­ren wir­ken hier auch grö­ße­re Her­stel­ler wie Buf­fet Cram­pon in Mark­neu­kir­chen. Das fran­zö­si­sche Unter­neh­men ist der größ­te Fabri­kant von Blas­in­stru­men­ten in Euro­pa. Auch wenn die wirt­schaft­li­che Bedeu­tung der zumeist klei­nen Betrie­be gegen­über ande­ren Bran­chen zurück­steht, so lockt der Instru­men­ten­bau doch jähr­lich hun­der­te jun­ge Musi­zie­ren­de ins Vogt­land, sei es zu inter­na­tio­na­len Musik­wett­be­wer­ben oder zu Meis­ter­kur­sen für Musikstudierende.

Musikinstrumente aus dem Vogtland. Abbildung: Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen

Musik­in­stru­men­te aus dem Vogt­land. Abbil­dung: Tou­ris­mus Mar­ke­ting Gesell­schaft Sachsen

Wie die Unter­neh­men der Tex­til­in­dus­trie sind auch die Instru­men­ten­bau­er zu Inno­va­tio­nen gezwun­gen. Das beginnt bei der Hand­ha­bung stren­ge­rer gesetz­li­cher Vor­ga­ben für die Ver­wen­dung von Mate­ria­li­en und setzt sich bei der Ver­bes­se­rung von Klan­gei­gen­schaf­ten fort. Im Bünd­nis i-Ma-Tech wer­den mit Bun­des­mit­teln Kon­zep­te für eine lang­fris­ti­ge Siche­rung des Hand­werks im Vogt­land erar­bei­tet. Zusätz­lich bie­tet die West­säch­si­sche Hoch­schu­le Zwi­ckau in Mark­neu­kir­chen Bache­lor-Stu­di­en­gän­ge für Streich- und Zupf­in­stru­men­ten­bau sowie einen Mas­ter-Stu­di­en­gang Akus­tik und Tech­no­lo­gie des Musik­in­stru­men­ten­baus an. Am Insti­tut für Musik­in­stru­men­ten­bau in Klin­gen­thal wird in den Berei­chen Akus­tik und Werk­stoff­kun­de geforscht.

Industrie entlang der Vogtlandautobahn

Die Ansied­lun­gen im Vogt­land erfolg­ten in den letz­ten bei­den Jahr­zehn­ten vor allem in den Indus­trie­ge­bie­ten ent­lang der A 72. „Die Gewer­be­ge­bie­te sind gut aus­ge­las­tet“, sagt Päß­ler. Das bestä­tigt auch Peter Woll­mann, seit 2023 obers­ter Wirt­schafts­för­de­rer der Stadt Oelsnitz/Vogtland: „2019 sie­del­te sich die Bie­le­fel­der Böll­hoff-Grup­pe an und errich­te­te auf über zehn Hekt­ar eines der moderns­ten Logis­tik­zen­tren Euro­pas. Damit waren die Indus­trie­flä­chen in Oels­nitz voll­stän­dig ver­ge­ben. Mit dem neu­en Gewer­be­ge­biet „Am Bahn­hof” haben wir des­halb neue Flä­chen erschlos­sen.“ Neben der Aus­wei­sung neu­er Gewer­be­flä­chen steht für die Wirt­schafts­för­de­rer im Vogt­land gegen­wär­tig aber vor allem die Pfle­ge des Unter­neh­mens­be­stands ange­sichts schwie­ri­ger wirt­schaft­li­cher Rah­men­be­din­gun­gen im Fokus.

Die Vogt­land­au­to­bahn ist die ver­kehrs­tech­ni­sche Lebens­ader der Regi­on. Sie führt vom baye­ri­schen Hof nach Chem­nitz und schließt das Vogt­land bis heu­te an die gro­ßen Magis­tra­len A 9 in Nord­süd- und A 4 in West­ost-Rich­tung an. Über sie ist das Vogt­land mit Ber­lin, Leip­zig, Dres­den und Mün­chen ver­bun­den. Die güns­ti­ge Lage hat eine Rei­he von Unter­neh­men ins Vogt­land gelockt. In Treu­en an der A 72 errich­te­te die Dr. Güh­ring KG aus Chem­nitz zwei Wer­ke für Gewin­de­boh­rer, Gewin­de­for­mer und Gewin­de­frä­ser sowie Son­der­bohr­werk­zeu­ge für Kun­den aus den Berei­chen Auto­mo­bil- und Luft­fahrt­in­dus­trie. Im 2019 in Oelsnitz/Vogtland eröff­ne­ten Böll­hoff-Logis­tik­zen­trum ver­sen­den 100 Beschäf­tig­te Ver­bin­dungs­ele­men­te an Kun­den in der gan­zen Welt.

Bedeutende Ansiedlungen in der Region

Eini­ge Ansied­lun­gen ste­chen im Vogt­land her­aus: In Fal­ken­stein wächst seit 2009 einer der größ­ten Dat­a­cen­ter-Parks Deutsch­lands. Die baye­ri­sche Hetz­ner Online GmbH ist mit hun­dert­tau­sen­den Ser­vern ein bedeu­ten­der Betrei­ber von Rechen­zen­tren in Euro­pa. In Fal­ken­stein wird ein inno­va­ti­ves Kon­zept ver­folgt, das Rechen­zen­tren-Betrei­bern schnel­le Anbin­dung, maxi­ma­le Aus­fall­si­cher­heit und Syn­er­gie­ef­fek­te gewähr­leis­ten soll.

Der Datacenter-Park in Falkenstein. Abbildung: Hetzner Online GmbH

Der Dat­a­cen­ter-Park in Fal­ken­stein. Abbil­dung: Hetz­ner Online GmbH

Das ost­west­fä­li­sche Bau- und Dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men Gold­beck hat sich bereits 1992 in Treu­en nie­der­ge­las­sen und ist mitt­ler­wei­le mit rund 1.200 Mit­ar­bei­ten­den zu einem der bedeu­tends­ten Arbeit­ge­ber im Vogt­land auf­ge­stie­gen. Gold­beck pro­du­ziert in West­sach­sen Sys­tem­bau­tei­le, die in nahe­zu jedem Gold­beck-Gebäu­de ein­ge­setzt wer­den. Erst 2024 hat das Unter­neh­men sei­ne Pro­duk­ti­on für Fein­blech­tei­le mit einem neu­en Fein­blech­zen­trum erwei­tert und damit in die Zukunft des Stand­orts Treu­en inves­tiert. „Die Ansied­lung war einst ein star­kes Signal für die Regi­on“, erin­nert sich Päß­ler, „auch weil das Unter­neh­men stets glei­chen Lohn für glei­che Arbeit gezahlt hat.“

Zu den größ­ten Arbeit­ge­bern mit über 800 Beschäf­tig­ten zählt zudem das Werk des saar­län­di­schen Her­stel­lers von Git­ter­ros­ten Mei­ser. Die Mei­ser Vogt­land OHG resi­diert seit 1994 in Oelsnitz/Vogtland. Vor sie­ben Jah­ren hat das Unter­neh­men rund 30 Mil­lio­nen Euro in den Bau einer moder­nen Ver­zin­ke­rei und eines Logis­tik­zen­trums inves­tiert. Mei­ser ist nach eige­nen Anga­ben Welt­markt­füh­rer im Bereich der Gitterrostproduktion.

Erfolgreiche Gründer im Vogtland

Neben den Werks­grün­dun­gen west­deut­scher Unter­neh­men haben sich auch erfolg­rei­che Grün­dun­gen aus der Regi­on selbst am Markt eta­bliert. Allen vor­an die GK Soft­ware SE aus Schöneck, ein Glo­bal Play­er für Cloud-Ser­vices für den Ein­zel­han­del. Mit nach eige­nen Anga­ben mehr als 548.000 Instal­la­tio­nen in über 60 Län­dern gehört GK Soft­ware SE zu den inter­na­tio­nal füh­ren­den Anbie­tern von Han­dels­lö­sun­gen. Mitt­ler­wei­le wur­de das Unter­neh­men vom japa­ni­schen IT-Kon­zern Fuji­tsu übernommen.

Die GK Soft­ware steht bei­spiel­ge­bend für die inno­va­ti­ven IT-Unter­neh­men des Vogt­land­krei­ses. Zu den hei­mi­schen Erzeug­nis­sen der Bran­che gehö­ren etwa Bau­grup­pen für Fern­steue­run­gen oder das Fern­aus­le­sen von Ver­brauchs­da­ten per Funk­tech­nik, aber auch Tas­ta­tu­ren und Ein­ga­be­sys­te­me. Die im Rah­men der Pri­va­ti­sie­rung der Klin­gen­tha­ler Har­mo­ni­ka-Wer­ke ent­stan­de­ne Tech­niSat Vogt­land GmbH in Schöneck etwa hat sich auf die Pro­duk­ti­on von Digi­tal­re­cei­vern, Digi­tal­ra­di­os und Mul­ti­schal­tern spezialisiert.

Mit mehr als 450 Beschäf­tig­ten ist auch der Son­nen­schutz­pro­du­zent Erfal ein Kind des Vogt­lands. Bereits im Jah­re 1984 grün­de­te Jörg Erler in Fal­ken­stein eine Drechs­le­rei, um Vor­hangstan­gen zu fer­ti­gen. Nach 1990 erwei­ter­te sich die Pro­duk­ti­on um Jalou­sien, Rol­los, Flä­chen­vor­hän­ge und den Insek­ten­schutz. Die Gett Gerä­te­tech­nik GmbH in Treu­en ist gar eine ech­te Gara­gen­grün­dung. Das Unter­neh­men ent­wi­ckel­te sich seit 1996 von einem Ver­triebs­un­ter­neh­men für Stan­dard­tas­ta­tu­ren zu einem Her­stel­ler pro­fes­sio­nel­ler Bedien­tech­nik für Indus­trie und Gesund­heits­wirt­schaft. Die Bang Kran­sys­te­me GmbH & Co. KG aus Oelsnitz/Vogtland erzählt eben­falls eine ori­gi­när vogt­län­di­sche Grün­dungs­ge­schich­te. Bang Kran­sys­te­me wur­de 1989 von Wer­ner Bang als Ser­vice­be­trieb für Hebe­fahr­zeu­ge und Kran­an­la­gen in Adorf gegrün­det. Heu­te ist es einer der moderns­ten Kran­her­stel­ler Deutsch­lands und belie­fert von sei­nem Stamm­sitz die Stahl­in­dus­trie und die Auto­mo­bil­in­dus­trie mit Pro­zess­kra­nen. Aus einem Ein-Mann-Betrieb im Jahr 1989 wur­de ein Mit­tel­ständ­ler mit heu­te mehr als 100 Beschäf­tig­ten. 2021 wur­de Bang als Sach­sens Unter­neh­mer des Jah­res ausgezeichnet.

Auf Expan­si­on setzt gegen­wär­tig die Ther­mo­fin GmbH, 2002 in Heins­dor­fer­grund ins Leben geru­fen. Das Vogt­land ist als Zen­trum der Käl­te- und Kli­ma­tech­nik bekannt. Am Kom­pe­tenz­zen­trum für Käl­te- und Kli­ma­tech­nik in Rei­chen­bach etwa wer­den die Fach­kräf­te der Bran­che aus­ge­bil­det. Ther­mo­fin stellt Wär­me­über­tra­ger für die Käl­te- und Kli­ma­tech­nik her. Sie kom­men in der Lebens­mit­tel­ver­ar­bei­tung, bei der Moto­ren- und Kraft­werks­küh­lung oder der Pro­zess- und Ser­ver­küh­lung zum Ein­satz. Gegen­wär­tig erwei­tert Ther­mo­fin sei­ne Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tä­ten in Euro­pa. Am deut­schen Stamm­sitz ent­steht eine neue Hal­le für die haus­ei­ge­ne Blech­fer­ti­gung und Pul­ver­be­schich­tung. Im pol­ni­schen Zło­to­ry­ja wer­den die Fer­ti­gungs­ka­pa­zi­tä­ten mehr als verdoppelt.

Kampf gegen multiple Krisen

„Bis 2020 war die wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung von mit­tel­stän­di­schen Grün­dun­gen, hoher Beschäf­ti­gung und der Ent­wick­lung von neu­en IT-nahen Geschäfts­mo­del­len geprägt“, bilan­ziert die Che­fin der Wirt­schafts­för­de­rung Mari­on Päß­ler. Seit­her kämpft die vogt­län­di­sche Wirt­schaft wie ganz Deutsch­land mit mul­ti­plen Kri­sen: Coro­na-Pan­de­mie, Ener­gie­kri­se, Ver­teue­rung der Mate­ria­li­en, gestör­te Lie­fer­ket­ten und die unsi­che­ren poli­ti­schen Rah­men­be­din­gun­gen haben in man­chen Unter­neh­men zu Kurz­ar­beit geführt. Durch die Bran­chen­viel­falt ist der vogt­län­di­sche Mit­tel­stand aber weni­ger abhän­gig von ein­zel­nen Indus­trien wie zum Bei­spiel der ange­schla­ge­nen Automobilbranche.

Den­noch: Der größ­te indus­tri­el­le Arbeit­ge­ber in Plau­en ist eben­falls ein Auto­zu­lie­fe­rer – die BAP Boy­sen Abgas­sys­te­me Plau­en GmbH & Co KG. Das Unter­neh­men aus Alten­steig in Baden-Würt­tem­berg nahm im Jahr 2008 die Pro­duk­ti­on in Plau­en auf. Das zwei­te Werk im Indus­trie- und Gewer­be­ge­biet Plau­en-Ober­losa ging 2018 in Betrieb. Das Werk in Plau­en ist für die Unter­neh­mens­grup­pe von gro­ßer Bedeu­tung, weil es ver­kehrs­güns­tig an der Auto­bahn und zen­tral zu den Kun­den im In- und Aus­land liegt. Heu­te fer­ti­gen rund 450 Mit­ar­bei­ten­de Tei­le und kom­plet­te Abgas­sys­te­me für Audi, BMW und Por­sche. Das Unter­neh­men befin­det sich selbst in der Trans­for­ma­ti­on zu neu­en Pro­duk­ten in der Elek­tro­mo­bi­li­tät und Was­ser­stoff­tech­no­lo­gie. Was das lang­fris­tig für ein­zel­ne Stand­or­te in Deutsch­land und spe­zi­ell für Plau­en bedeu­tet, ist offen.

Auch ande­re Unter­neh­men im Vogt­land sind im Mobi­li­täts­sek­tor tätig. Die Mah­le Indus­tri­al Ther­mal Sys­tems GmbH & Co. KG in der klei­nen Gemein­de Heins­dor­fer­grund vor den Toren von Rei­chen­bach zählt zu den Aus­rüs­tern im Bereich der Motor­küh­lung und Fahr­zeug­kli­ma­ti­sie­rung bei­spiels­wei­se für Bus­se, Schif­fe oder Son­der­fahr­zeu­ge. Auf eine lan­ge Tra­di­ti­on von über 100 Jah­ren blickt auch die Her­stel­lung von Bus­fahr­zeu­gen in Plau­en zurück. Nach­dem Man Truck & Bus den Stand­ort 2021 auf­ge­ge­ben hat, über­nahm der Son­der­fahr­zeug­her­stel­ler Binz GmbH aus Ilmen­au das Werk. Her­ge­stellt wer­den hier nun Ret­tungs­fahr­zeu­ge für den Kata­stro­phen­schutz und die Bun­des­wehr sowie Mehr­zweck­fahr­zeu­ge für die säch­si­sche Polizei.

Müslis und Snacks aus dem Vogtland

In der Ernäh­rungs­wirt­schaft haben Anbie­ter von öko­lo­gi­schen und nach­hal­ti­gen Lebens­mit­teln das Vogt­land für sich ent­deckt. Die Lebens­gar­ten GmbH ist ein Her­stel­ler für öko­lo­gisch und nach­hal­tig pro­du­zier­te Back­wa­ren, Müs­lis und Scho­ko­la­den­ar­ti­kel. Mit über 250 Beschäf­tig­ten in Adorf wer­den seit 2002 Müs­lis, Back­wa­ren und Snacks an Natur­kost­fach­ge­schäf­te, Bio­lä­den und Reform­häu­ser gelie­fert. Die Rubin Müh­le Vogt­land GmbH in Plau­en, Toch­ter­be­trieb eines Schwarz­wäl­der Fami­li­en­un­ter­neh­mens, stellt seit 2015 in Plau­en vor­nehm­lich Getrei­de­flo­cken her.

Zur Erholung und zum Wintersport

Mit den Säch­si­schen Staats­bä­dern Bad Bram­bach, Hei­mat der stärks­ten Radon­quel­le der Welt, und sei­nen Heil­bä­dern und The­ra­pie­an­wen­dun­gen sowie Bad Els­ter als einem der ältes­ten Moor- und Mine­ral­heil­bä­der Deutsch­lands pro­fi­tiert das Vogt­land auch vom Gesund­heits­tou­ris­mus. Win­ter­sport­fans lockt eher die Vogt­land Are­na in Klin­gen­thal mit einer der moderns­ten Ski­sprung­schan­zen Euro­pas, die im Som­mer für kul­tu­rel­le Events genutzt wird. „Vor allem aus Sach­sen, Bay­ern und Thü­rin­gen kom­men die Gäs­te ins Vogt­land“, weiß Päß­ler. „In Zah­len sind dies rund 1,8 Mil­lio­nen Über­nach­tun­gen pro Jahr und jähr­lich rund 540.000 Gäs­te­an­künf­te. Somit ent­wi­ckelt der Tou­ris­mus für das Vogt­land eine immer grö­ße­re Wertschöpfungsrelevanz.“

Die Vogtland-Skischanze. Abbildung: Tourismus-Marketing-Gesellschaft Sachsen

Die Vogt­land-Ski­schan­ze. Abbil­dung: Tou­ris­mus Mar­ke­ting Gesell­schaft Sachsen

Lage zwischen Thüringen, Bayern und Tschechien

Die A 72 durch­zieht die Regi­on, die A 9 in Rich­tung Ber­lin, Nürn­berg und Mün­chen sowie die A 93 aus Regens­burg kom­mend tan­gie­ren die Gren­zen des Land­krei­ses. Die E50 nach Prag ver­voll­stän­digt den Auto­bahn­kno­ten Vogt­land. „Dres­den, Leip­zig und Nürn­berg mit ihren Flug­hä­fen sind in kur­zer Zeit erreich­bar, eben­so Groß­städ­te wie Ber­lin, Mün­chen oder Prag“, wür­digt Mari­on Päß­ler die zen­tra­le geo­gra­phi­sche Lage. Und ihr Oels­nit­zer Amts­kol­le­ge Peter Woll­mann lobt die Lebens­qua­li­tät in den Städ­ten und Gemein­den des Vogt­lands: „Die her­vor­ra­gen­de Ver­kehrs­an­bin­dung, zahl­rei­che sanier­te Bil­dungs­ein­rich­tun­gen und eine leben­di­ge Ver­eins­land­schaft bie­ten idea­le Vor­aus­set­zun­gen für Fami­li­en. Laut einer Stu­die des Bun­des­in­sti­tuts für Bau-, Stadt- und Raum­for­schung sind die Lebens­hal­tungs­kos­ten im Vogt­land bun­des­weit am niedrigsten.“

Vogt­land

 

  • Regi­on: Vogt­land­kreis (221.088 Einwohner)
  • Städ­te: Plau­en (65.218 Ein­woh­ner), Rei­chen­bach (20.273 Ein­woh­ner), Auer­bach (17.562 Einwohner)
  • Nach­bar­re­gio­nen: Land­kreis Zwi­ckau, Erz­ge­birgs­kreis, Saa­le-Orla-Kreis (Thü­rin­gen), Land­kreis Greiz (Thü­rin­gen), Land­kreis Hof (Bay­ern), Bezirk Cheb (dt. Eger) (Tsche­chi­en), Bezirk Soko­lov (dt. Fal­ken­au) (Tsche­chi­en)
  • Bran­chen: Tex­til­wirt­schaft, Maschi­nen- und Anla­gen­bau, Metall­bau, IT- und Elek­tro­in­dus­trie, Medi­zin­tech­nik, Lebens­mit­tel­in­dus­trie, Auto­mo­bil­in­dus­trie (Zulie­fe­rer), Musik­in­stru­men­ten­bau, Hand­werk, Tourismus
  • Ver­kehr:
    Stra­ße: Bun­des­au­to­bahn A 72 Hof-Chem­nitz, Bun­des­stra­ßen B 92, B 94, B 169, B 173, B 282, B 283
    Schie­ne: Ver­bin­dun­gen Hof-Leip­zig, Dres­den-Hof, Gera-Plau­en, Kras­li­ce-Zwi­ckau, Cheb-Zwi­ckau, Kraslice-Mehlteuer
  • Arbeits­lo­sen­quo­te: 6,5 Pro­zent (Vogt­land­kreis)

 

Wei­te­re Repor­te zu ost­deut­schen Regionen


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