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Von der Stimme zum Einfluss #3: Wie viel Nachwendezeit in unseren Arbeitsbeziehungen steckt

Das Netz­werk „3te Gene­ra­ti­on Ost“ gibt Stim­men Gehör, ver­bin­det Men­schen und zeigt, wie Trans­for­ma­ti­on zu einer Chan­ce für Iden­ti­tät, Gerech­tig­keit und Zusam­men­halt wird. In Teil drei sei­ner Kolum­ne zeigt Katha­ri­na Göring auf, war­um ost­deut­sche Per­spek­ti­ven im Berufs­all­tag oft unsicht­bar blei­ben und wie Unter­neh­men durch trau­ma­in­for­mier­te Ansät­ze eine inte­gra­ti­ve­re Zukunft gestal­ten können.

Katha­ri­na Göring ist Mit­grün­de­rin des Ver­eins 3te Gene­ra­ti­on Ost e.V. und Initia­to­rin von OSTWES(T)RÄUME.

Mit der fried­li­chen Revo­lu­ti­on in der DDR und dem Anschluss an die Bun­des­re­pu­blik begann eine tief­grei­fen­de Trans­for­ma­ti­on in Ost­deutsch­land. 35 Jah­re spä­ter sind die Fol­gen nicht nur gesell­schaft­lich, son­dern auch noch im Arbeits­le­ben spür­bar. Der Sys­tem­wech­sel ging für vie­le Ost­deut­sche mit sozia­len, bio­gra­fi­schen und kul­tu­rel­len Brü­chen ein­her. Des­halb stellt sich die Fra­ge, wie sich die Nach­wen­de-Erfah­run­gen auf die heu­ti­ge Zusam­men­ar­beit in Unter­neh­men zwi­schen in Ost- und in West­deutsch­land sozia­li­sier­ten Mit­ar­bei­ten­den auswirken.

Brüche und Entwertung nach 1990

Die 1990er-Jah­re bedeu­te­ten für vie­le Ost­deut­sche Arbeits­platz­ver­lust, Abstieg und Iden­ti­täts­kri­sen. Etwa sie­ben Mil­lio­nen Arbeits­plät­ze gin­gen den vor der Wen­de gezähl­ten 9,8 Mil­lio­nen Erwerbs­tä­ti­gen ver­lo­ren. Neben der sozia­len Abwer­tung erleb­ten vie­le Ost­deut­sche eine Ent­wer­tung ihrer Bio­gra­fien. Öffent­li­che Dis­kur­se stell­ten Lebens­leis­tun­gen infra­ge, die Kul­tur in den ost­deut­schen Bun­des­län­dern galt oft als defi­zi­tär. Die­ses kol­lek­ti­ve Gefühl der Ent­wer­tung wur­de durch gerin­ge­re Löh­ne, Unter­re­prä­sen­ta­ti­on in Füh­rungs­rol­len und ste­reo­ty­pe Medi­en­bil­der ver­stärkt. Gera­de die Abwan­de­rung jun­ger, qua­li­fi­zier­ter Men­schen unter­strich die struk­tu­rel­len Ungleich­ge­wich­te und hin­ter­ließ auch emo­tio­na­le Leer­stän­de in Fami­li­en in länd­li­che­ren Gegenden.

Psychosoziale Folgen und gesellschaftliche Verwerfungen

Die plötz­li­che Umstel­lung auf ein neu­es Sys­tem lös­te nicht nur Eupho­rie, son­dern auch Exis­tenz­ängs­te und Über­for­de­rung aus. Die „Base­ball­schlä­ger­jah­re“, eine Pha­se rechts­extre­mer Gewalt und Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit unter Jugend­li­chen in Ost­deutsch­land,  zei­gen, wel­che Aus­wir­kun­gen die Nach­wen­de­zeit auch gesell­schaft­lich hat­te. Hin­zu kam der Druck, sich west­deut­schen Nor­men anzu­pas­sen: Dia­lek­te wur­den beim Weg­ge­hen abge­legt, Her­kunft ver­schwie­gen. Laut Gabor Maté kön­nen sol­che Erfah­run­gen lang­fris­ti­ge psy­chi­sche Fol­gen haben. Stu­di­en bele­gen bis heu­te Unter­schie­de im psy­chi­schen Wohl­be­fin­den zwi­schen Ost- und Westdeutschen.

Die Wen­de­kin­der (1975 bis 1985 gebo­ren) waren in die­ser Zeit oft zu jung, um die DDR ganz bewusst erlebt zu haben, aber alt genug, um die Umbrü­che der Wen­de­zeit unmit­tel­bar zu spü­ren. In ihren Fami­li­en herrsch­te häu­fig Sprach­lo­sig­keit und Über­for­de­rung, denn die Eltern waren mit Arbeits­lo­sig­keit und Neu­ori­en­tie­rung beschäf­tigt. Vie­len Wen­de­kin­dern fehl­ten Vor­bil­der und Bera­tung, sie muss­ten sich allein im neu­en Sys­tem zurecht­fin­den. Die per­ma­nen­te Anpas­sungs­leis­tung und das stil­le Aus­han­deln zwi­schen alter Her­kunft und neu­er Norm präg­ten ihre Identität.

Transformation als Ressource

Gera­de des­halb ent­wi­ckel­ten vie­le Wen­de­kin­der hohe Anpas­sungs­fä­hig­keit, Kri­sen­kom­pe­tenz und Inno­va­ti­ons­geist – Fähig­kei­ten, die heu­te in Zei­ten mul­ti­pler Trans­for­ma­tio­nen beson­ders gefragt sind. Stu­di­en zei­gen, dass ost­deut­sche Füh­rungs­kräf­te sich als beson­ders trans­for­ma­ti­ons­fä­hig erle­ben. Die­se bio­gra­fi­sche Stär­ke soll­te stär­ker genutzt wer­den, denn sie zeigt, dass aus kol­lek­ti­ven Kri­sen auch Zukunfts­po­ten­zi­al erwach­sen kann.

Zusammenarbeit in Unternehmen

Unter­schied­li­che Prä­gun­gen aus Ost und West wir­ken bis heu­te in Unter­neh­men. Vie­le West­deut­sche haben sta­bi­le­re Kar­rie­re­we­ge und kön­nen öfter auf gewach­se­ne Netz­wer­ke und mehr Res­sour­cen zurück­grei­fen. Ost­deut­sche Per­spek­ti­ven sind wei­ter­hin in Füh­rungs­po­si­tio­nen, Medi­en und poli­ti­schen Gre­mi­en unter­re­prä­sen­tiert. Die Lebens­er­fah­rung Ost­deut­scher wird sel­ten the­ma­ti­siert, was zu Ent­frem­dung und Frus­tra­ti­on füh­ren kann. West­deut­sche Deu­tungs­ho­heit prägt oft unaus­ge­spro­chen die Unter­neh­mens­kul­tur, was bei Ost­deut­schen das Gefühl ver­stärkt, sich anpas­sen oder unbe­wusst ver­stel­len zu müssen.

Zudem unter­schei­den sich Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Kon­flikt­sti­le: Ost­deut­sche gel­ten oft als direk­ter im Ein­zel­ge­spräch, zei­gen sich aber weni­ger offen in gemisch­ten Grup­pen, teils bedingt durch feh­len­de psy­cho­lo­gi­sche Sicher­heit. Miss­trau­en gegen­über Auto­ri­tä­ten, his­to­risch gewach­sen, wird mit­un­ter als Illoya­li­tät miss­ver­stan­den. Unter­schie­de füh­ren im Arbeits­all­tag zu Miss­ver­ständ­nis­sen in Berei­chen wie Füh­rung, Kom­mu­ni­ka­ti­on und Ent­schei­dun­gen. Anpas­sungs­leis­tun­gen Ost­deut­scher blei­ben meist unsicht­bar, ver­ur­sa­chen aber zusätz­li­chen Stress im Arbeitsalltag.

Zukunft: traumainformierte Unternehmenskultur

Ost-West-Dif­fe­ren­zen in Unter­neh­men sind mehr als klei­ne Kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­ble­me. Sie spie­geln kol­lek­ti­ve und oft trans­ge­ne­ra­tio­na­le Erfah­run­gen, die mit Emo­tio­nen ver­knüpft sind. Für eine zukunfts­fä­hi­ge Unter­neh­mens­kul­tur braucht es die Aner­ken­nung bio­gra­fi­scher Brü­che und Trans­for­ma­ti­ons­ge­schich­ten. Eine trau­ma­in­for­mier­te Pra­xis kann hel­fen, Emo­tio­nen zu ver­ar­bei­ten und Span­nun­gen zu redu­zie­ren – durch Füh­rungs­kräf­te­sen­si­bi­li­sie­rung sowie Team­ent­wick­lung mit Dia­log über unter­schied­li­che Her­kunft, wie es die Initia­ti­ve OSTWES(T)RÄUME aufzeigt.

Unter­neh­men kön­nen ost­deut­sche Per­spek­ti­ven in ihrer Kom­mu­ni­ka­ti­on sicht­bar machen. Eine sol­che Kul­tur för­dert ech­te Diver­si­tät durch Inte­gra­ti­on von Dif­fe­renz statt Gleich­ma­che­rei. Sie stärkt Zuge­hö­rig­keit, Iden­ti­fi­ka­ti­on und Inno­va­ti­ons­kraft und trägt zur inne­ren Ein­heit bei.

 

Das Netz­werk 3te Gene­ra­ti­on Ost

 

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