Eine Studie im Auftrag der Chemnitzer Zebra Group zeigt: Selbst 35 Jahre nach der Wiedervereinigung bestehen deutliche Unterschiede zwischen Ost und West – vor allem in Sachen Konsumverhalten, Mediennutzung und Markenwahrnehmung. Die Ergebnisse gewähren interessante Einblicke in verschiedene Mentalitäten.

Das Konsumverhalten junger Leute in Ost- und Westdeutschland unterscheidet sich stark. Abbildung: Depositphotos, Olly18
Die Idee zur Untersuchung entstand aus der Frage, ob es aus Marketing-Sicht überhaupt noch sinnvoll ist, gezielt ostdeutsche Konsumenten anzusprechen. Immerhin liegt die Wende mehr als drei Jahrzehnte zurück. Sind Unterschiede mittlerweile irrelevant? Und: Auf welche Art und Weise konsumieren Ostdeutsche heutzutage eigentlich moderne Medien und Marken? Um wissenschaftlich fundierte Antworten zu finden, beauftragte die Zebra Group GmbH, eine Werbeagentur aus Chemnitz, das Marktforschungsinstitut Civey mit einer repräsentativen Umfrage.
Zwischen dem 11. Oktober und dem 2. November 2024 nahmen rund 5.000 volljährige Personen aus ganz Deutschland an der Online-Befragung teil. Die Mitwirkenden wurden in vier Gruppen eingeteilt:
- Vorwende-Ostdeutsche,
- Vorwende-Westdeutsche (jeweils geboren vor 1989),
- Nachwende-Ostdeutsche,
- Nachwende-Westdeutsche (jeweils geboren nach 1989).
Die Studie analysierte nicht nur Konsum- und Medienverhalten, sondern auch Einstellungen zu Werbung, Markenbindung und regionaler Identität.
Ostdeutsche sind sehr heimatverbunden
Die Studie zeigt: Viele junge, nach 1989 geborene Ostdeutsche begreifen sich selbst gar nicht mehr als „ostdeutsch“. Dennoch existieren auffällige Unterschiede zu westdeutschen Altersgenossen, vor allem im Konsumverhalten. Während junge Ostdeutsche besonders digital-affin sind und verstärkt auf Online-Shopping setzen (44,6 Prozent, West: 38,7 Prozent), bevorzugen ihre westdeutschen Pendants häufiger den stationären Handel (38,6 Prozent, Ost: 27,6 Prozent).
Auch in der Wahrnehmung von Werbung gibt es deutliche Diskrepanzen: Während westdeutsche Nachwende-Konsumenten eher inspirierende (19,9 Prozent) und fantasiereiche (14,5 Prozent) Kampagnen schätzen, bevorzugen ostdeutsche Verbraucher eine realitätsnahe (42 Prozent) und regionale (20 Prozent) Ansprache. Die jeweils andere Gruppe bewertet diese Punkte nur als etwa halb so wichtig.
Zudem zeigt sich, dass regionale Verbundenheit im Osten stärker ausgeprägt ist. Während Westdeutsche eher auf Lebensqualität setzen denn auf Heimatverbundenheit, greifen viele Ostdeutsche bewusst zu Produkten aus ihrer Region. So gaben 46,6 Prozent der ostdeutschen Befragten an, ihre Region stark mit Heimatliebe zu verbinden, im Westen sind es nur 30,7 Prozent. Umgekehrt bewerten Westdeutsche die „Lebensqualität“ in ihrer Region mit 47,2 Prozent deutlich höher als Ostdeutsche mit nur 35,6 Prozent.
Medienkonsum: Osten deutlich digitaler
Ein weiteres Kernergebnis betrifft den Medienkonsum: Nachwende-Ostdeutsche nutzen mit 65,7 Prozent deutlich stärker digitale Medien als ihre westdeutschen Altersgenossen (47 Prozent). Gleichzeitig ist das Vertrauen in klassische Medien in Ostdeutschland geringer. Dies zeigt sich auch in politischen Zusammenhängen: Digitale Plattformen spielen eine maßgebliche Rolle in der politischen Meinungsbildung, was sich beispielsweise in den Wahlerfolgen der AfD bei jungen Wählern widerspiegelt.
Markentreue: Deutsche Einigkeit
Beim Thema Markentreue sind sich Ost- und Westdeutsche hingegen weitgehend einig: 57,2 Prozent der Ostdeutschen und 60,7 Prozent der Westdeutschen bleiben meist bei einmal gewählten Marken. Nur 21,7 Prozent im Osten und 20,8 Prozent im Westen suchen aktiv nach Alternativen. Auffällig ist, dass Nachwende-Ostdeutsche inzwischen genauso markentreu sind wie Westdeutsche. Gleichzeitig widerlegt die Studie den Mythos, dass ältere Menschen automatisch markentreuer sind, besonders in Ostdeutschland.
Regionale Unterschiede als Marketing-Möglichkeit
Obwohl junge Ostdeutsche die Bezeichnung „ostdeutsch“ oft meiden, scheinen ihre Konsummuster und Werte nach wie vor von ihrer Herkunft geprägt zu sein. Zumindest zeigen die Zahlen, dass ein gesamtdeutsches Konsumverhalten nicht existiert. Tino Lang von der Zebra Group sieht die „neuen“ Bundesländer daher als eigenen Positionierungsraum, der Unternehmen Chancen für regionales Marketing bietet.