Wirtschaft+Markt (W+M) sprach mit Dr. Wolfgang Blank, dem Minister für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Themen waren unter anderem die Entwicklung der Wirtschaft im Land, die Transformation, die Digitalisierung und der Bürokratieabbau.

Dr. Wolfgang Blank, Minister für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit des Landes Mecklenburg-Vorpommern (MV). Abbildung: W+M
W+M: Seit 11. Dezember 2024 sind Sie Wirtschaftsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Haben Sie sich gut eingelebt?
Dr. Wolfgang Blank: So überraschend das Angebot für mich war, die Funktion des Ministers zu übernehmen, so gern habe ich auch zugesagt, diese Verantwortung zu übernehmen. Es gibt für mich in der neuen Aufgabe bekannte Themenfelder wie die Bereiche der Technologie und Innovation. Auch wenn es um Ansiedlungen oder den Umgang mit Förderanliegen geht, hatte ich sozusagen einen Warmstart. Natürlich muss ich mich aber auch noch in eine ganze Reihe von Themen einfuchsen, da hilft die Kompetenz des Hauses und die vielen erfahrenen Mitarbeiter. Der Arbeitstag im Ministeramt ist sehr vielseitig und anders getaktet, als ich es gewohnt war. Die einzelnen Welten, von der rein inhaltlich-sachlichen über die politische bis hin zur Verwaltungswelt, überlagern sich stark.
W+M: Was können Sie als Mann der Wirtschaft anders machen? Wo liegen Ihre Schwerpunkte?
Dr. Wolfgang Blank: Ich bringe aus meiner bisherigen Praxis eine Sicht mit, die den Perspektivwechsel und das Verständnis füreinander erleichtern kann. Das betrifft gerade die vielen kleinen Unternehmen, die oft mit den größeren gleichgesetzt und deshalb besonders belastet werden. Ich bin einer, der viel fragt. Das mag manchmal anstrengend sein, aber Sachen zu hinterfragen, ist aus meiner Sicht wichtig. Einer meiner Schwerpunkte ist der Bürokratieabbau. Allerdings habe auch ich dafür keine Patentlösung. Bürokratie ist zwar negativ konnotiert, aber letztlich brauchen wir Verwaltung auch zu unserem Schutz. Wir brauchen den Mix aus Regeleinhaltung und Verantwortungsspielräumen und dazu müssen wir die Kommunikation verändern. Bürokratieabbau ist ein dickes Brett.

Wirtschaftsminister Dr. Wolfgang Blank (li.) im Gespräch mit Frank Nehring, Herausgeber Wirtschaft+Markt. Abbildung: W+M
W+M: Wie bewerten Sie die MV-Wirtschaft 2024/25?
Dr. Wolfgang Blank: Wir haben in MV einen guten Lauf, auch wenn sich das noch nicht in der allgemeinen Stimmungslage niedergeschlagen hat und sicher auch nicht für alle Betriebe gilt. Aber Mecklenburg-Vorpommern führt seit vergangenem Jahr mit 3,3 Prozent BIP-Wachstum die bundesdeutschen Statistiken an. Wir profitieren in jedem Fall davon, dass sich die maritime Wirtschaft wieder gut entwickelt und sehr gute Perspektiven hat. Was wir in dieser Branche vor wenigen Jahren noch mit Sorge betrachtet haben, hat sich stabilisiert. Themen wie Resilienz, Verteidigung und Rüstung spielen dabei eine große Rolle. Dann gibt es den Bereich der produzierenden Gesundheitswirtschaft. Wir haben in Greifswald ein Unicorn, die Cheplapharm Arzneimittel GmbH, und die Ypsomed Produktion GmbH in Schwerin sowie die Cortronik GmbH Rostock. Dies sind nur Beispiele für wertschöpfende Arbeit im Gesundheitsbereich, die sich sehr gut entwickeln. Schwierig ist es im Baubereich, gerade im Hochbau und bei Infrastrukturprojekten, wo eine Kostenspirale ein Vorankommen erschwert. Unsere Aufmerksamkeit gilt auch unserem Automobilcluster und dem Maschinenbau. Wir wissen darum, dass, wenn diese Branchen in Bayern oder Baden-Württemberg einen Husten bekommen, uns möglicherweise eine Lungenentzündung droht.
Wir haben etliche Projekte auf die Beine gestellt oder in der Pipeline.“
W+M: Wie steht es um neue Ansiedlungen?
Dr. Wolfgang Blank: Wir haben etliche Projekte auf die Beine gestellt oder in der Pipeline. Die Erweiterung von Top-Regal in Pasewalk ist so ein Beispiel. Aber auch Ypsomed, das Schweizer Unternehmen im Bereich Autoinjektoren, verdoppelt gerade seine Produktionsfläche. Mit Blick auf Gewerbeflächen sind wir gut aufgestellt und bereit für weitere Ansiedlungen.
W+M: Fachkräftegewinnung ist überall ein großes Thema. Hat Mecklenburg-Vorpommern Ideen, die zur langfristigen Lösung beitragen können?
Dr. Wolfgang Blank: Wir haben hier gute Initiativen, die seit Langem vorbereitet wurden. Dazu gehört der Aufbau einer Fachkräfteservicezentrale, die bei der Gewinnung von Fachkräften aus dem In- und Ausland helfen soll, die Wege zu beschleunigen. Hier arbeiten Arbeitsagentur, die Kammern, das Innenministerium und unser Haus eng zusammen. Mit der vernetzten Weiterbildungsberatung geht jetzt ein weiteres Projekt an den Start. Zum Thema Fachkräftegewinnung gehört auch der Ausbau der Infrastruktur und des ÖPNV. Die vielen Verbesserungen im Rahmen unserer Mobilitätsoffensive Mecklenburg-Vorpommern tragen auch dazu bei, dass die Arbeitsorte einfacher erreicht werden können.
W+M: Wo erkennen Sie im Land die wesentlichen Transformationserfolge?
Dr. Wolfgang Blank: Die Transformation in Sachen Energie ist in vollem Gange. Wir könnten viel mehr Strom vermarkten, wenn wir die entsprechenden Netze zur Verfügung hätten. Beim Thema Digitalisierung gibt es nach wie vor Defizite, weniger bei den größeren Unternehmen. Aber die guten Beispiele werden mehr.
Die Transformation in Sachen Energie ist in vollem Gange.“
W+M: Wie wichtig ist das Thema Unternehmensnachfolge in MV?
Dr. Wolfgang Blank: Das Thema drängt. Das Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM) schätzt, dass zwischen 2022 und 2026 in Deutschland rund 190.000 Betriebe zur Übergabe anstehen. Auch in Mecklenburg-Vorpommern betrifft das tausende Betriebe. Wir haben in MV mit der Nachfolgezentrale eine digitale Plattform geschaffen, die bei der Vermittlung an interessierte Nachfolgerinnen und Nachfolgern unterstützt. Das Thema Nachfolge ist auch ein interessantes Feld für junge Gründer, deshalb haben wir auch die Zusammenarbeit zwischen der Gründerszene und der Nachfolgezentrale initiiert.
W+M: Die Tourismusbranche ist für MV bedeutend. Wie geht es der Branche?
Dr. Wolfgang Blank: Der Tourismus ist ein Aushängeschild. Allen Unkenrufen zum Trotz entwickelt sich der Tourismus bei uns im Land gut. 2024 war das zweiterfolgreichste Tourismusjahr seit der Wende. Mit acht Millionen Gästen – einem Plus von 4,8 Prozent – und 32,9 Millionen Übernachtungen – das ist ein Anstieg von 2,3 Prozent – unterstreicht Mecklenburg-Vorpommern erneut, dass es eine überaus attraktive und beliebte Tourismusregion ist.
W+M: Hat die Insel Usedom absehbar eine Chance auf bessere Erreichbarkeit?
Dr. Wolfgang Blank: Ja, da passiert etwas. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat die Fahrgastkapazitäten im Schienennahverkehr auf die Insel seit 2022 sukzessive ausgebaut. Zudem werden derzeit der Ausbau und die Modernisierung des Schienennetzes und die Wiedererrichtung einer Südanbindung über die „Karniner Brücke“ geprüft, da läuft eine Vorplanung, die bis 2026 abgeschlossen sein soll.
W+M: Vielen Dank für das Gespräch.
Die Fragen stellte Frank Nehring vom Redaktionsnetzwerk Wirtschaft+Markt.
![]() Abbildung: W+M Dr. Wolfgang Blank Der parteilose Wolfgang Blank, Jahrgang 1959, ist gebürtiger Schwabe. Er absolvierte ein Studium der Biologie mit dem Schwerpunkt Mikrobiologie und wurde an der Eberhard Karls Universität Tübingen zum Dr. rer. nat. promoviert. Ab 1995 war er Geschäftsführer der BioTechnikum Greifswald GmbH, welche zum 1. Januar 2016 mit der Technologiezentrum Fördergesellschaft Vorpommern GmbH zur WITENO GmbH verschmolzen wurde. Von Januar 2002 bis März 2014 hatte er auch die Verantwortung für die BioCon Valley GmbH in Greifswald inne. Seit 2014 bis zur Berufung in die Landesregierung als Minister für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit Mecklenburg-Vorpommern war er Präsident der IHK Neubrandenburg. |