Was erzählen Menschen über die Lausitzer Zukunft anhand eines einzigen Objekts? Diese Frage beantwortet das Buchprojekt „99 Zukunftsobjekte aus der Lausitz“. Im Interview spricht der Herausgeber Dr. Johannes Staemmler über das Buch, seine Motivation und die Lausitz.

Dr. Johannes Staemmler, Herausgeber und Leiter des Referats Strukturwandel an der Brandenburgischen Technischen Universität. Abbildung: Tine Jurtz
Herr Dr. Staemmler, wovon handeln die Geschichten in dem von Ihnen herausgegebenen Buch?
Dr. Johannes Staemmler: In „99 Zukunftsobjekte aus der Lausitz“ stellen Lausitzerinnen und Lausitzer jeweils ein Objekt vor, an dem Zukunft greifbar wird. Das setzt voraus, dass diese Objekte real sind und heute schon existieren. Die Autorinnen und Autoren haben ganz eigene Wege gefunden, persönliche Zukunftsgeschichten zu erzählen. Manche stammen aus der Wissenschaft, andere aus der Kultur oder der Wirtschaft. Gemeinsam haben sie alle eine zuversichtliche Grundhaltung, egal ob es um Wasser, Technik, Bilder oder historische Gegenstände geht.
Gibt es einen roten Faden in den Erzählungen?
Mein roter Faden ist: Die Zukunft ist gestaltbar, und zwar von jedem von uns. Im Konkreten haben alle, die mitgemacht haben, ganz wunderbare Ideen, die sie selber mit Leben füllen. Ein zweiter Faden ist der Bezug zur Lausitz. Alle Beiträge beziehen sich auf Menschen und Dinge, die hier zu finden sind oder von hiesigen Menschen genutzt, entworfen und als sinnvoll erachtet werden.
Welche Geschichten finden Sie besonders empfehlenswert?
Als Herausgeber finde ich natürlich alle großartig. Besonders berührt hat mich die Geschichte von Haitham, die sein Trainer Enrico Kramer aufgeschrieben hat. Eines Tages kam der syrische Flüchtling ins Taekwondo-Studio, konnte kaum Deutsch und noch weniger Kampfsport. Enrico hat ihn eingeladen und vermittelt: So lange du dich reinhängst, kannst du hier sein. Und genau das ist passiert. Haitham ist in Cottbus heimisch geworden, hat einen Gürtel nach dem anderen bekommen und unterrichtet heute selber den Nachwuchs.
Haben Sie auch einen persönlichen Bezug zur Lausitz?
Seit 2018 forsche und arbeite ich in der Lausitz. Als Dresdner und Wahlberliner war mir die Lausitz nie fern, aber jetzt ist sie ein wichtiger Ort für mich, der mich in vielerlei Hinsicht prägt.
Wie ist die Idee zu diesem Buchprojekt entstanden?
Neil MacGregor hat vor Jahren das Buch „Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten“ herausgebracht. Als ich das in der Hand hatte, dachte ich an die Lausitz und mir kam die Idee, ob wir uns heute nicht schon Geschichten über die Zukunft erzählen können. Bei so vielen Objekten sollte deutlich werden, dass es nicht eine einzige Zukunft gibt, sondern viele und dass diese auch von vielen gestaltet wird.
Wie wurde ausgewählt, welcher Beitrag es ins Buch schafft?
Wir hatten 140 Einrichtungen auf unseren Aufruf, sich mit Objekten zu beteiligen. Eine Jury mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft half uns, eine wohlausgewogene Selektion vorzunehmen. Der Förderverein der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg hat schließlich maßgeblich dazu beigetragen, dass dieses Buch aus der Lausitz und für die Lausitz möglich wird.
Wo steht die Lausitz heute und welche Zukunft ist möglich?
Die Lausitz wird auch in Zukunft von verschiedenen Einflüssen geprägt sein. Sie bleibt ein ländliches Gebiet mit großartiger Landschaft. Sie wird die schwierigen demografischen Herausforderungen meistern müssen, indem die Menschen sich an Neu-Lausitzer gewöhnen. Diese kommen, weil es hier schön ist und es spannende Aufgaben gibt. Es wird in Zukunft eine breitere wirtschaftliche Basis geben, zu der die Wissenschaft in Cottbus, Senftenberg, Görlitz und Zittau ihren Beitrag leistet. Aber wie schon gesagt: Die Zukunft ist offen und es liegt auch in der Hand der Lausitzerinnen und Lausitzer, dass die hellen Seiten stärker zum Zug kommen als die dunklen.
Vielen Dank.
Die Fragen stellten Aavin Ahmad und Robert Nehring.
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