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Buchvorstellung: Kunststoffmöbel im Kalten Krieg. Plastikträume von der Zukunft

Mit „Möbel aus der Zukunft“ erzählt Sascha Lan­ge vom Boom futu­ris­tisch design­ter Möbel in der DDR. Er zeigt, wie trotz Plan­wirt­schaft und begrenz­ter tech­ni­scher Mit­tel Pio­nier­ar­beit geleis­tet wurde.

Wer einen Sci­ence-Fic­tion-Film aus alter Zeit sieht, muss oft schmun­zeln, wenn einem vor Augen geführt wird, wie man sich damals die Zukunft vor­stell­te. So ergeht es manch­mal auch dem Leser von Sascha Lan­ges Sach­buch „Möbel aus der Zukunft“. Es wirft einen Blick auf das soge­nann­te „Space Age“ – eine Epo­che des tech­ni­schen Fort­schritts, in der die ers­te Mond­lan­dung noch aktu­ell war, alles mög­lich erschien und die Welt von mor­gen oft in schil­lernds­ten Far­ben aus­ge­malt wur­de. Weg­werf­un­ter­wä­sche soll­te in weni­gen Jah­ren selbst­ver­ständ­lich sein, so eine Pro­gno­se der „Schö­ner Woh­nen“ aus dem Jahr 1970. Sei­ne Mahl­zei­ten wür­de man fer­tig und in Kunst­stoff ver­packt aus dem Laden holen und zu Hau­se nur noch erwär­men. Res­te und Geschirr wür­den nach Ver­zehr dann in den Müll­schlu­cker wan­dern. Nach­hal­tig­keit stand damals defi­ni­tiv noch nicht auf der Karte.

Vom Kunststoff zum Kunstwerk: Design im Kalten Krieg

Eigent­lich geht es in dem Buch aber gar nicht um Spei­sen. Auch nicht um Unter­wä­sche. Es geht um Möbel. Um Design. Um Mate­ri­al. Es geht um die Geschich­te der Poly­ure­than-Erzeug­nis­se aus der Zeit des Kal­ten Krie­ges. Der Autor nimmt den Leser mit auf eine Rei­se durch die 1960er- und 1970er-Jah­re, als futu­ris­tisch anmu­ten­de Aus­stat­tung in West- und Ost­deutsch­land boom­te und Kunst­stoff als Sub­stanz der Zukunft galt. Tref­fend bebil­dert wird erzählt, wie die BRD mit Unter­neh­men wie Bay­er und Desi­gnern wie Ver­ner Pan­ton eine Vor­rei­ter­rol­le in der Her­stel­lung von Kunst­stoff­mö­beln ein­nahm. Damals wur­den iko­ni­sche Stü­cke wie der Pan­ton-Chair oder das Gar­ten-Ei ent­wi­ckelt, die welt­weit Beach­tung fan­den. Die zahl­rei­chen Abbil­dun­gen bewei­sen: Vie­le Möbel­stü­cke sind nicht nur ech­te Hin­gu­cker, son­dern wah­re Kunst­wer­ke, für die man­cher heu­te auch ein Muse­ums­ti­cket lösen wür­de. Die futu­ris­ti­sche For­men­spra­che bei gleich­zei­ti­gem Retro-Chic wirkt ins­be­son­de­re aus heu­ti­ger Per­spek­ti­ve äußerst anspre­chend – eini­ge der Stüh­le wir­ken, als sei­en sie direkt für die Kom­man­do­brü­cke des Raum­schiffs Enter­pri­se ent­wor­fen worden.

Pioniergeist trotz Planwirtschaft

Ein beson­de­res Augen­merk legt Lan­ge auf die par­al­le­le Ent­wick­lung in der DDR, wo der Kunst­stoff Poly­ure­than eben­falls ent­deckt wur­de. Trotz Plan­wirt­schaft und begrenz­tem Zugang zu west­li­cher Tech­no­lo­gie gelang es im Osten, eige­ne Kunst­stoff­mö­bel zu pro­du­zie­ren. Beson­ders span­nend ist dabei die Rol­le Axel Bruch­häu­sers, ein Unter­neh­mer aus Güs­trow, der trotz staat­li­cher Kon­trol­le Pio­nier­ar­beit leis­te­te. Der Autor ana­ly­siert die poli­ti­schen, wirt­schaft­li­chen und kul­tu­rel­len Aspek­te die­ses Pro­zes­ses und zeigt, wie die Riva­li­tät zwi­schen Ost und West auch in der Möbel­pro­duk­ti­on zum Aus­druck kam.

Gestaltung und Geschichte

„Möbel aus der Zukunft“ ist eine auf­wän­dig recher­chier­te Stu­die, die auch des­we­gen so fes­selnd ist, weil sie die beschrie­be­nen tech­ni­schen Inno­va­tio­nen mit poli­ti­schen Ent­wick­lun­gen ver­knüpft. Das macht das Buch nicht nur für Lieb­ha­ber von Form und Gestal­tung emp­feh­lens­wert, son­dern auch für Geschichts­in­ter­es­sier­te und Leser, die sich gern mit deutsch-deut­schen Ver­glei­chen beschäf­ti­gen. Zahl­rei­che Bezü­ge zur Gesell­schaft und Kul­tur der 1960er- und 1970er-Jah­re heben die Lek­tü­re über eine rei­ne Design­ge­schich­te hin­aus. Die Dar­stel­lung der wirt­schaft­li­chen Her­aus­for­de­run­gen in der DDR sowie der krea­ti­ven Lösungs­an­sät­ze ihrer Unter­neh­mer ver­leiht der Schil­de­rung zusätz­li­che Tie­fe. Das Buch endet mit einem Blick auf den heu­ti­gen Vin­ta­ge-Markt, wo Möbel aus die­ser Zeit wie­der an Wert gewin­nen, was vor allem eines beweist: Die Zukunft besteht tat­säch­lich aus Plastik.

Sascha Lan­ge: „Möbel aus der Zukunft“, Links-Verl. 2024, 208 Sei­ten (Soft­co­ver), 30,00 €.

 

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