Annett Gröschners Roman erzählt die Geschichte eines Jahrhunderts – in dem Leben der Blumenbinderin und Kranfahrerin Hanna Krause. Ein Buch über das Ende des Industriezeitalters und seiner Heldinnen im Osten Deutschlands.
Am Anfang der Erzählung fährt die junge Hanna Krause mit der Straßenbahn durch Berlin. Bereits einer der ersten Sätze holt mindestens alle Berlinkenner ab: „Hannah hatte es eilig, wie es in Berlin alle immer eilig hatten, außer denen, die von der Stadt bezahlt wurden, um sie am Laufen zu halten.“ Während der Fahrt erinnert sie sich an ihre Kindheit in Magdeburg, wo sie bei ihrer Halbschwester Rose aufwuchs, einer Blumenhändlerin, von der sie das Handwerk lernte.
In Magdeburg findet dann auch der Großteil der Handlung statt. Die Kapitel tragen Namen wie Alpenveilchen, Vergissmeinnicht und Studentenblume – benannt nach dem Gemälde „Blumenvase in einer Fensternische“ des niederländischen Malers Ambrosius Bosschaert. Im Jahr 1938 erhält Hanna von einem geheimnisvollen Fremden den Auftrag, einen Blumenstrauß zu binden, der genau so aussieht wie der auf diesem Gemälde.
Die Autorin zeichnet das Porträt einer zupackenden, bodenständigen Frau, die trotz aller Umbrüche – zwei Weltkriege, zwei Diktaturen, zwei Revolutionen – und persönlicher Schicksalsschläge stets versucht, „anständig zu bleiben“. Es ist Hanna, die die Familie am Laufen hält. Und die sich nicht kleinkriegen lässt, auch wenn in diesem Krieg dann doch das Schlimmste passiert, was auch schonungslos erzählt wird: Zwar überlebt sie knapp im Keller der getroffenen Johanniskirche, während über ihr die Flammen toben, aber sie verliert ihren Sohn.
Neben Hanna selbst lernt man auch ihr Umfeld kennen. Der Leser erfährt von der schwierigen Beziehung zu ihrem einbeinigen, im Alter verstummten Ehemann Karl, wird Zeuge der Gespräche der Menschen um sie herum und erhält außerdem ein lebendiges Bild des alten Magdeburg – eine Stadt, die in dieser Form nicht mehr existiert.
„Schwebende Lasten“ ist ein bewegender Jahrhundertroman über eine stille Heldin des Alltags – kraftvoll, poetisch und tief verwurzelt in der Geschichte Ostdeutschlands.
BUCHTIPP:
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