In der öffentlichen Diskussion geht die junge Nachwende-Generation oft unter. Was bewegt die ostdeutsche Generation Z? Das Buch „Vereint in Zerrissenheit“ von Nora Zabel zeigt die Herausforderungen dieser Generation, die zwischen zwei Welten steht.
In ihrem Buch führt die Autorin und CDU-Politikerin Gespräche mit Wissenschaftlern, Politikern, Zeitzeugen, Bekannten, ihrer besten Freundin, ihrem Sozialkundelehrer aus der Schulzeit und ihren Eltern. So entsteht ein sehr persönlicher und tiefgehender Eindruck von der Zerrissenheit der zweiten Generation nach dem Mauerfall und der Wiedervereinigung Deutschlands.
Zabel verdeutlicht die Gegensätze innerhalb der ostdeutschen Generation Z. Da sind zum einen die Daheimgebliebenen. Sie sind nicht für ein Studium oder eine Arbeitsstelle aus Ostdeutschland weggezogen. Auf der anderen Seite gibt es die Zurückkehrer: Sie haben Ostdeutschland einmal verlassen und sind immer wieder zurückgekehrt oder ganz in die ostdeutsche Heimat zurückgezogen. In dem Buch wird auch auf deutsch-deutsche Unterschiede innerhalb der Generation Z eingegangen: Ein Teil ist sehr ortsgebunden und heimatverbunden, der andere sehr weltoffen. Zabel bezieht sich hierbei auf den britischen Publizisten David Goodhart, der diese beiden Gruppen als „Somewheres“ und „Anywheres“ bezeichnet.
Die Leser werden auf eine Reise durch die biografischen Stationen der Autorin mitgenommen, die 1996 in Mecklenburg-Vorpommern geboren wurde. Ein Bereich beschäftigt sich mit ihrer ostdeutschen Identität. Zabel schreibt über politische Gespräche in ihrer Kindheit am Küchentisch, bei denen es weder Political Correctness noch Selbstzensur oder soziale Anpassung gab. Was einen im Kopf beschäftigte, wurde gesagt. Der Leser erfährt, wie die Autorin als Arbeiterkind in einem Dorf bei Schwerin mit Simson-Mopeds, Fußballspielen beim örtlichen Fußballverein und Erntefest aufwächst. Er bekommt einen Eindruck von der politischen Prägung Zabels im Klassenzimmer und dem ersten Kontakt mit Widerspruch.
Das Thema „Demokratie in Krisenzeiten“ zeigt Zabel am Beispiel von Veränderungen auf, die sie erlebt, wenn sie von ihrem Studienort Heidelberg in ihre mecklenburgische Heimat zurückkehrt. Sie geht auf die Veränderung der Sprache sowie auf verschiedene Realitäten in ihrem privaten Umfeld ein. Dabei stellt sie die Realität der einen Seite Ostdeutscher, die an die liberale Demokratie glauben, der Realität der Abgehängten, Enttäuschten und Skeptiker gegenüber. Zabel veranschaulicht unter anderem, wie die AfD ostdeutsche Jugendliche über TikTok erfolgreich anspricht, und gibt ein Gespräch mit einer Freundin wieder, die als Lehrerin an einer Regionalschule in Mecklenburg-Vorpommern arbeitet und die die verschiedenen Realitäten im Schulalltag mitbekommt.
Beim Thema Bildung schreibt die Autorin über ihre ersten Begegnungen mit Kommilitonen aus Westdeutschland, die ihr zufolge selbstverständlich zwischen Englisch und Deutsch gewechselt haben. Sie beschreibt diese Generation als junge Menschen, die sich als Teil einer Zukunft sehen, die für sie bereitsteht. Laut Zabel haben die Eltern dieser Generation ihren Kindern eine gewisse Sicherheit mit auf den Weg gegeben, wodurch Vertrauen in die Zukunft entstanden ist. Demgegenüber steht die ostdeutsche Generation Z, der dieses Vertrauen fehlt. Für sie wünscht sich Zabel, dass sie irgendwann eine abgesicherte Generation sein kann. Zabel geht auch auf das „Sylt-Video“ ein, das sie auf Twitter veröffentlicht hat und mit dem sie eine mediale Debatte ausgelöst hat.
Zabel richtet am Ende einen Aufruf an ihre Generation, sich politisch zu beteiligen und Verantwortung zu übernehmen. Sie weist darauf hin, dass demokratische Strukturen auf aktives Engagement angewiesen sind. Das Buch zeichnet ein Porträt der ostdeutschen Generation Z, stellt ihre unterschiedlichen Perspektiven, Erfahrungen und Herausforderungen dar und vermittelt das Bild eines Ostdeutschlands, das weiß, wie weit der Weg zur eigenen Einheit noch entfernt ist und trotzdem nicht die Hoffnung verliert.
| BUCHTIPP:
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Nora Zabel (Hg.): „Vereint in Zerrissenheit. Die ostdeutsche Generation Z zwischen zwei Welten“, Droemer Verlag, Berlin 2025, 192 Seiten, 21 € (Hardcover mit Fotos).























