Gleich zwei Bücher der jüngeren Zeit dokumentieren Dialoge zwischen Linken-Politiker Gregor Gysi und konservativen Zeitgenossen. Wer Gespräche auch gern liest, statt ihnen nur zu lauschen, hat dank Herder- und Aufbau-Verlag nun Gelegenheit dazu.
Gysi vs. Guttenberg
Dass Gregor Gysi gern diskutiert, hat auch mit seinen Berufen zu tun. Politiker ist er, Rechtsanwalt und … Podcaster. „Gysi gegen Guttenberg” heißt ein Mitte 2023 gestartetes Gesprächsformat, das mittlerweile auch vor großem Publikum stattfindet. Sein Reiz liegt vor allem in den grundverschiedenen Diskussionspartnern. Der in der DDR aufgewachsene Bundestagsabgeordnete und ehemalige Vorsitzende der PDS trifft hier auf Karl-Theodor zu Guttenberg, Adelsspross, ehemals CSU-Spitzenpolitiker und Ex-Bundesverteidigungsminister.
Im Prinzip prallen da Welten aufeinander. Trotzdem treffen sich beide einmal pro Woche und proben den Dialog. Der Herder-Verlag hat eine Verschriftlichung des Formats in Buchform veröffentlicht. Die Publikation dokumentiert keine komplette Sendung, sondern präsentiert eine Auswahl längerer verbaler Schlagabtausche. Trotz ihrer unterschiedlichen Hintergründe und Ansichten geben sich die Medienprofis galant – und sprechen viel über sich selbst.
Das ist sehr unterhaltsam und liefert viele interessante Argumente und Meinungen. Da ist für jede Seite etwas dabei. Die Gespräche, in denen es etwa um Heimat, Hoffnung, Humor, Einsamkeit, Depression und Tod sowie um die Ukraine, die USA, Israel, China, Wahlkämpfe und die Medien geht, zeigen aber auch, wie nah man sich in seiner Verschiedenheit sein kann und wie fern von der Realität ein Unvereinbarkeitsbeschluss unter demokratisch gesinnten Parteien ist.
Gysi vs. Diestel
Wer von Gysi nicht genug bekommt, kann im Anschluss gleich zu „Zwei Unbelehrbare reden über Deutschland und ein bisschen über sich selbst“ aus dem Aufbau-Verlag greifen. Das Buch folgt einem ähnlichen Konzept: Die Linken-Ikone talkt hier mit Peter-Michael Diestel, Mitbegründer der DSU, letzter DDR-Innenminister und späteres Mitglied des Brandenburger Landtags für die CDU. Beide sind Juristen und kennen sich bereits seit 1989.
Diestel bezeichnet Gysi zwar als Freund, erklärt aber auch, dessen Weltanschauung nicht zu teilen. Hier treffen ebenfalls linke Positionen auf konservative, allerdings von einem Dritten moderiert – dem Publizisten Hans-Dieter Schütt, der sich auch an der Diskussion beteiligt. Der Leser erfährt Hintergründe zu Entwicklungen in der DDR und in Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung. Es wird viel anekdotisches Wissen geteilt. Das Gespräch ist amüsant. Schlagfertigkeit und Rhetorik der schillernden Persönlichkeiten sind beeindruckend.
BUCHTIPPS:
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