Elisabeth Kaiser ist die neue Ostbeauftragte der Bundesregierung. Die 38-jährige Thüringerin verfügt bereits über viel Erfahrung in der Politik. Dr. Tobias Lehmann weiß mehr über die SPD-Politikerin, die die Nachfolge von Carsten Schneider angetreten hat.

Elisabeth Kaiser (Mitte) ist die neue Ostbeauftragte der Bundesregierung. Abbildung: Deutscher Bundestag, Janine Schmitz, Phototek
Elisabeth Kaiser ist seit 2017 Mitglied des Bundestages. Sie zog über die Landesliste ins Parlament ein und vertritt den Wahlkreis Gera – Greiz – Altenburger Land. Seit 2023 war sie zudem Parlamentarische Staatssekretärin im Bauministerium von Klara Geywitz.
Von Thüringen nach Berlin
Kaiser wurde in Gera geboren, ist verheiratet und hat eine Tochter sowie einen Stiefsohn. Bereits in jungen Jahren hat die SPD sie geprägt. Kaiser vertritt eine neue Generation von SPD-Politikern, die für eine inhaltliche und personelle Neupositionierung der SPD stehen. Kaiser tritt die Nachfolge des bisherigen Ostbeauftragten Carsten Schneider an, der ebenfalls aus Thüringen kommt. Anders als Schneider, der im Kanzleramt tätig war, wird sie im Finanzministerium arbeiten.
2023 wurde Kaiser Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesbauministerium. In dieser Funktion setzte sie sich nach eigenen Angaben vor allem „für den Bau von klimafreundlichem und vor allem bezahlbarem Wohnraum ein“. Auch Probleme wie Leerstand und demografischer Wandel in ländlichen Regionen standen im Fokus von Kaiser. Hieran lässt sich erkennen, dass sie ehrlich an den Sorgen der Mitte der arbeitenden Gesellschaft interessiert ist.
Kaiser, die am 4. März 1987 geboren wurde, ist übrigens die erste Ostbeauftragte, die den real existierenden Sozialismus nur aus Erzählungen kennt. Bei Schneider und seinem Vorgänger Marco Wanderwitz war das anders. Sie wurden Mitte der 1970er Jahre geboren und wuchsen als Teenager in der untergehenden DDR auf.
Elisabeth Kaiser ist schon lange in der Politik aktiv. Trotz eines schwierigen Umfelds in Gera ist sie dort immer noch sehr präsent und engagiert. Durch ihre Tätigkeit als Parlamentarische Staatssekretärin und jetzt als Staatsministerin ist sie aber auch mit den politischen Prozessen in Berlin vertraut.
Die Aufgaben sind groß
Jetzt geht es darum, die strukturellen Defizite in Ostdeutschland anzugehen, Unternehmen anzusiedeln und das soziale Gefälle zwischen Ost und West zum Thema zu machen: das Lohngefälle, das Rentengefälle und die Vermögensunterschiede. Vielleicht kann Kaisers Vorgesetzter für das nötige Kleingeld sorgen. Sein Name ist Lars Klingbeil, er kommt aus dem Westen und der neue Bundesfinanzminister.
Die Berufung einer jungen ostdeutschen Frau, die auch eine neue, modernere Generation von Politikern repräsentiert, ist ein logischer Schritt und ein starkes Signal, nicht nur für Thüringen. Es zeigt auch die Relevanz Ostdeutschlands als Strukturregion in der Bundesregierung. Es geht aber nicht so sehr um eine Quote für regionale Herkunft und den Osten im Kabinett, sondern darum, dass spezifisch ostdeutsche Themen auch von Politikern vertreten werden, die mit den Bedingungen im Osten vertraut sind. Es geht darum, dass die Perspektiven und Erfahrungen der Ostdeutschen noch stärker berücksichtigt werden müssen. „Bisher ist das Verständnis im Westen dafür oftmals nicht sehr ausgeprägt“, so Sachsens Sozialministerin und Vize-Ministerpräsidentin Petra Köpping.
Kaiser steht im Osten vor großen Herausforderungen: „Das ist ein ganzer Strauß an Themen, die ich angehen werde“, sagte Kaiser bereits der Leipziger Volkszeitung und Sächsischer Zeitung. „Zum einen ist es wichtig, dass wir die Kommunen finanziell stärken, das sollten wir sehr schnell auf den Weg bringen.“ Sie will aber auch bereits angeschobene Projekte wie das Thüringisch-Sächsische Bauforschungszentrum weiterentwickeln. Auch das eher kleinteilige Kleingartenförderprogramm, das im Bauministerium bereits in der Schublade liegt, liegt ihr am Herzen.
Aber die größte Herausforderung wird wohl darin bestehen, die AfD an den Rand der politischen Bildfläche zu drängen. Vor allem in Kaisers Heimatland hat sie inzwischen eine Mehrheit erreicht. Es wird an der Ostbeauftragten liegen, den Einfluss der rechtsnationalen Partei so gering wie möglich zu halten. Der Meinungsbildungsprozess und das gesamte politische Klima im Osten müssen sich ändern. Die Demokratie und ihre Grundwerte müssen so wiederbelebt werden, dass sich die Ostdeutschen der Bedeutung ihrer Errungenschaften bewusst werden. Und nicht zuletzt muss sowohl die ökonomische als auch die soziokulturelle Spaltung zwischen Ost und West weiter ausgeglichen werden.
Es braucht eine omnipräsente ostdeutsche Stimme
Es wird wichtig sein, die Ostdeutschen auf der politischen Bühne Berlins, in der Wirtschaft, in den Medien und in der Kultur gebührend zu vertreten. Eine ostdeutsche Stimme muss omnipräsent sein, um gehört zu werden. Kaiser sagte, dass es vor allem eine starke Repräsentanz Ostdeutscher in Führungspositionen auf politischer wie wirtschaftlicher Ebene brauche. „Es geht um gleichwertige Lebensverhältnisse, die haben wir noch lange nicht erreicht“, so die neue Ostbeauftragte.
Das sind viele Imperative, die sich so kategorisch anhören, ohne die aber ein gesundes und friedliches Zusammenleben langfristig nicht möglich ist. Gerade weil wir in diesem Jahr zum achtzigsten Mal die Befreiung von Nazi-Deutschland begehen und weil wir wieder einen Kaiser haben – zumindest als Ostbeauftragten.