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Wir sind Freunde einer bezahlbaren Energiewende: Interview mit Dr. Patrick Wittenberg von der E.DIS AG

Um die Akzep­tanz der fort­schrei­ten­den Ener­gie­wen­de in der Gesell­schaft zu sichern, müs­sen wir auch über die Bezahl­bar­keit spre­chen, fin­det Dr. Patrick Wit­ten­berg, Vor­stands­vor­sit­zen­der der E.DIS AG. Wir besuch­ten ihn Anfang Juli in Potsdam.

Dr. Patrick Wittenberg, Vorstandsvorsitzender der E.DIS AG. Abbildung: Uwe Tölle für E.DIS AG

Dr. Patrick Wit­ten­berg, Vor­stands­vor­sit­zen­der der E.DIS AG. Abbil­dung: Uwe Töl­le für E.DIS AG

ostdeutschland.info: Herr Dr. Wittenberg, die aktuelle Bundesregierung ist noch jung. Welchen Eindruck haben Sie von ihr vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen um Energiefragen?

Dr. Patrick Wit­ten­berg: Einen posi­ti­ven. Davon konn­te ich mich schon auf dem Ost­deut­schen Wirt­schafts­fo­rum in Bad Saa­row Mit­te Mai über­zeu­gen. Ich freue mich, dass die neue Bun­des­re­gie­rung ein Haupt­au­gen­merk auf die aktu­el­len Her­aus­for­de­run­gen der Ener­gie­wen­de legt, vor denen auch wir als Ver­teil­netz­be­trei­ber ste­hen. Genau dar­an knüp­fen wir an, um unse­re Vor­schlä­ge für eine deut­lich effi­zi­en­te­re Vor­ge­hens­wei­se ein­zu­brin­gen. Aus unse­rer Sicht ist es jetzt an der Zeit, einen „Neu­start“ bei der Ener­gie­wen­de zu wagen.

Sind Sie mit den im Koalitionsvertrag genannten Vorhaben für den Energiesektor zufrieden?

Es muss jetzt dar­um gehen, Deutsch­land zu refor­mie­ren und wie­der zu Wachs­tum und Wett­be­werbs­fä­hig­keit zu füh­ren. Bezo­gen auf die Ener­gie­po­li­tik heißt das: Die Ener­gie­wen­de muss so effi­zi­ent wie mög­lich gestal­tet wer­den, um die Kos­ten im Griff zu behal­ten. Der Koali­ti­ons­ver­trag adres­siert hier vie­le wich­ti­ge Punk­te, die Her­aus­for­de­rung liegt aus unse­rer Sicht dar­in, dass wohl nicht alle Maß­nah­men im Papier gleich­zei­tig finan­zier­bar sein wer­den. Des­halb müs­sen nun die rich­ti­gen Prio­ri­tä­ten gesetzt werden.

Wenn die Bundesregierung ihre ersten 100 Tage im Amt war, was sollte bis dahin im Bereich Energie klar kommuniziert bzw. umgesetzt sein?

Zunächst möch­te ich beto­nen, dass auch wir als gro­ßer ost­deut­scher Ver­teil­netz­be­trei­ber der neu­en Bun­des­re­gie­rung als ver­ant­wort­li­cher Dia­log­part­ner zur Ver­fü­gung ste­hen. Wir begrü­ßen die expli­zi­te Stär­kung der Strom­net­ze – ins­be­son­de­re auch der Strom­ver­teil­net­ze als Rück­grat der Ener­gie­wen­de. Im Koali­ti­ons­ver­trag gibt es eine gan­ze Rei­he von geeig­ne­ten Anknüp­fungs­punk­ten: Wir brau­chen ins­be­son­de­re mehr Plan­bar­keit und Ver­läss­lich­keit, was den Aus­bau der Erneu­er­ba­ren und der Ener­gie­infra­struk­tur angeht. Der Weg zur Kli­ma­neu­tra­li­tät muss ins­ge­samt markt­ra­tio­na­ler gestal­tet wer­den; der Aus­bau von Erneu­er­ba­ren und Spei­chern muss mit vor­han­de­nen Netz­ka­pa­zi­tä­ten und dem Netz­aus­bau syn­chro­ni­siert und netz­dien­li­cher aus­ge­rich­tet wer­den. Auch dazu fin­den sich wich­ti­ge Punk­te im Koali­ti­ons­ver­trag, etwa die regio­na­le Steue­rung des Zubaus oder das grund­sätz­li­che ener­gie­po­li­ti­sche Ziel, dass Erneu­er­ba­re Ver­ant­wor­tung im Sys­tem über­neh­men müssen.

Christian Marx und Robert Nehring (v. r.) im Interview mit Dr. Patrick Wittenberg am Standort der E.DIS in Potsdam. Abbildung: ostdeutschland.info

Chris­ti­an Marx und Robert Neh­ring (v. r. n. l.) im Inter­view mit Dr. Patrick Wit­ten­berg am Stand­ort der E.DIS in Pots­dam. Abbil­dung: ostdeutschland.info

Die E.ON-Tochter E.DIS entstand 1999 aus dem Zusammenschluss von vier nordostdeutschen Versorgungsunternehmen. Wie hat sich das Unternehmen seitdem gewandelt?

Nach 26 auf­re­gen­den Jah­ren in der ost­deut­schen Ener­gie­wirt­schaft hat sich E.DIS in vie­ler­lei Hin­sicht spür­bar ver­än­dert. Die Fusi­on zur E.DIS war zunächst auch eine Ant­wort auf die Libe­ra­li­sie­rung des Strom­mark­tes. Stand in den ers­ten Jah­ren auch noch der Ver­kauf von Strom­pro­duk­ten an Indus­trie-, Gewer­be- und End­kun­den im Vor­der­grund, wan­del­te sich das Unter­neh­men auf­grund ver­än­der­ter Rah­men­be­din­gun­gen in den fol­gen­den Jah­ren zu einem rei­nen Infra­struk­tur-Betrei­ber von Strom- und Gas­net­zen. Mit ihren spe­zia­li­sier­ten Toch­ter­un­ter­neh­men bie­tet die E.DIS-Gruppe heu­te als einer der größ­ten Netz­be­trei­ber Deutsch­lands auch ein viel­fäl­ti­ges Port­fo­lio an Dienst­leis­tun­gen rund um die Ener­gie­ver­sor­gung. Hin­zu kommt der Aus­bau des Glas­fa­ser­net­zes in unse­rer Regi­on. Inner­halb der Unter­neh­mens­grup­pe arbei­ten der­zeit rund 3.000 Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter an über 40 Stand­or­ten in Bran­den­burg und Meck­len­burg-Vor­pom­mern. Sie küm­mern sich ganz maß­geb­lich um das Gelin­gen der Ener­gie­wen­de in Ostdeutschland.


Der Weg zur Kli­ma­neu­tra­li­tät muss ins­ge­samt markt­ra­tio­na­ler gestal­tet und Aus­bau und Ein­spei­sung von Erneu­er­ba­ren und Spei­chern müs­sen netz­dien­li­cher aus­ge­rich­tet werden.“


Seit 2000 sind Netzbetreiber verpflichtet, Erneuerbare-Energien-Anlagen an ihr Netz anzuschließen. Wie fällt hier Ihre Bilanz für E.DIS aus und womit rechnen Sie für die Zukunft?

Wir konn­ten seit dem Jahr 2000 eine ein­drucks­vol­le Ent­wick­lung voll­zie­hen und damit ein Gelin­gen der Ener­gie­wen­de mit aller Kraft unter­stüt­zen. So haben wir bei­spiels­wei­se in unse­rem Netz­ge­biet das Ziel der Bun­des­re­gie­rung, 80 Pro­zent des Stroms aus erneu­er­ba­ren Ener­gien zu bezie­hen, bereits vor rund zehn Jah­ren erreicht. Zwi­schen­zeit­lich haben wir eine Grün­strom­quo­te von etwa 160 Pro­zent. Wir pro­du­zie­ren damit also mehr als das Ein­ein­halb­fa­che des hier tat­säch­lich benö­tig­ten Ver­brauchs. Rekord­zah­len ver­zeich­nen wir auch bei den PV-Anla­gen mit weni­ger als 30 Kilo­watt, wie sie sich ins­be­son­de­re auf Ein- und Mehr­fa­mi­li­en­häu­ser befin­den. Hier haben wir – nach unse­rem abso­lu­ten Rekord­jahr 2023 – auch im ver­gan­ge­nen Jahr mit über 25.000 ange­schlos­se­nen Anla­gen wie­der eine beein­dru­cken­de Anzahl an Anla­gen ans Netz gebracht.

Die Energiewende müsse so effizient wie möglich gestaltet werden, um die Kosten im Griff zu behalten, die letztlich der Verbraucher zahle, so Dr. Wittenberg. Abbildung: Uwe Tölle für E.DIS AG

Die Ener­gie­wen­de muss so effi­zi­ent wie mög­lich gestal­tet wer­den, um die Kos­ten im Griff zu behal­ten, die letzt­lich der Ver­brau­cher zahlt, so Dr. Wit­ten­berg. Abbil­dung: Uwe Töl­le für E.DIS AG

Wie werden sich Einspeiseleistung und Verbrauchslast in den nächsten zehn Jahren entwickeln?

Bis 2033 rech­nen wir mit einer gesam­ten Ein­spei­se­leis­tung in unser Netz von 45 Giga­watt, also 45.000 Mega­watt. Das ent­spricht, bild­lich gespro­chen, einer Erzeu­gungs­leis­tung von 45 kon­ven­tio­nel­len Groß­kraft­wer­ken. Der­zeit sind 16 Giga­watt Leis­tung instal­liert – bei einer maxi­ma­len Ver­brauchs­last von 2,5 Giga­watt. Der erhöh­te Leis­tungs­be­darf für Elek­tro­mo­bi­li­tät und Wär­me­pum­pen sowie wei­te­re Indus­trie- und Gewer­be­an­sied­lun­gen, zu denen ins­be­son­de­re auch neue Rechen­zen­tren zäh­len, wird zu einem Anstieg der Spit­zen­last in unse­rem Netz füh­ren. Für das Jahr 2033 pro­gnos­ti­zie­ren wir hier eine Spit­zen­last von rund 5,5 Giga­watt – also mehr als eine Ver­dopp­lung des Sta­tus quo. Dabei wird sehr klar, dass die gesetz­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen, die beim Hoch­lauf der Ener­gie­wen­de sehr gehol­fen haben, nach 25 Jah­ren einem Effi­zi­enz­check unter­zo­gen wer­den müs­sen, um die Ent­wick­lung nach­hal­tig zu machen. Hier müs­sen wir ins­be­son­de­re auch über die Anschluss­pflicht für uns als Netz­be­trei­ber in bereits bestehen­den Eng­pass­re­gio­nen mit viel Abre­ge­lung sprechen.

Ostdeutschland wird großes Potenzial bei den erneuerbaren Energien bescheinigt, aber der Netzausbau komme nicht nach, heißt es häufig. Was sagen Sie dazu?

Wir erle­ben in unse­rem Netz­ge­biet eine Anschluss­dy­na­mik bei den erneu­er­ba­ren Ener­gien, die auf­grund der sehr unter­schied­li­chen Rea­li­sie­rungs­zei­ten zwangs­läu­fig zu einem nach­lau­fen­den Netz­aus­bau führt. Um dies kurz zu ver­deut­li­chen: Dau­ert bei­spiels­wei­se der Bau einer grö­ße­ren PV-Frei­flä­chen­an­la­ge unge­fähr zwei Jah­re, benö­ti­gen wir als Ver­teil­netz­be­trei­ber für die Pla­nung, Geneh­mi­gung und den Bau einer neu­en 110.000-Volt-Leitung acht bis zwölf Jah­re. Das sind zwei ver­schie­de­ne Geschwin­dig­kei­ten. Hin­zu kommt, dass wir seit 2020 fast vier­mal so vie­le Anla­gen an unser Netz ange­schlos­sen haben wie in den gesam­ten 20 Jah­ren zuvor. Ins­ge­samt zäh­len wir heu­te bereits fast 200.000 Ener­gie­wen­de­an­la­gen, von denen PV und Wind­kraft den weit­aus grö­ße­ren Teil aus­ma­chen. Unse­re Inves­ti­tio­nen ins Ver­teil­netz sum­mie­ren sich seit dem Jahr 2020 auf deut­lich über eine Mil­li­ar­de Euro.

Welche konkreten Vorschläge haben Sie, die vorhandenen Netzkapazitäten noch besser als bisher für die Einspeisung zu nutzen?

Genau dar­auf wei­sen wir regel­mä­ßig aktiv und deut­lich hin. So ist eine stär­ke­re Syn­chro­ni­sie­rung zwi­schen dem wei­te­ren Anschluss von dezen­tra­len Erzeu­gungs­an­la­gen und unse­ren vor­han­de­nen Lei­tungs­ka­pa­zi­tä­ten erfor­der­lich. Damit wäre eine regio­na­le Steue­rung beim wei­te­ren Zubau von Erzeu­gungs­an­la­gen gege­ben – und Regio­nen, in denen bereits heu­te über­durch­schnitt­lich viel Grün­strom erzeugt wird, wür­den nicht noch stär­ker mit wei­te­rer Abre­ge­lung belas­tet. Hier brau­chen wir drin­gend eine Kor­rek­tur der bis­he­ri­gen Vor­ge­hens­wei­se. Ande­ren­falls lau­fen wir Gefahr, dass die Kos­ten für die Abre­ge­lung von Ein­spei­se­men­gen, die nicht mehr ins Netz auf­ge­nom­men wer­den kön­nen, wei­ter stei­gen – was die Ener­gie­wen­de ver­teu­ert und inef­fi­zi­ent macht. Am Ende wür­de eine sol­che Steue­rung an „freie“ Strom­lei­tun­gen die EE-Strom­men­ge im Netz wei­ter erhö­hen. Selbst­ver­ständ­lich neh­men wir auch die auf­wen­di­gen und damit lang­wie­ri­gen Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren für den Hoch­span­nungs­bau nicht ein­fach so hin, son­dern machen eben­falls regel­mä­ßig dar­auf auf­merk­sam, dass ins­be­son­de­re für ein „Repowe­ring“ – die Ver­stär­kung bestehen­der Hoch­span­nungs­lei­tun­gen in bereits bestehen­den Tras­sen – deut­li­che Ver­ein­fa­chun­gen erfor­der­lich sind.

Dr. Patrick Wittenberg hat einen Beitrag zum zweiten Band von „Denke ich an Ostdeutschland …“ beigesteuert. Dieser erscheint im September 2025. Abbildung: ostdeutschland.info

Dr. Patrick Wit­ten­berg hat einen Bei­trag zum zwei­ten Band von „Den­ke ich an Ost­deutsch­land …“ bei­gesteu­ert. Die­ser erscheint im Sep­tem­ber 2025. Abbil­dung: ostdeutschland.info

Bislang waren sogenannte Brownouts – kontrollierte Stromreduzierungen – in der Diskussion, um bei Dunkelflauten das Netz stabil zu halten. Neu ist die Warnung vor Hellbrisen. Wie sicher ist die Versorgungssicherheit in Deutschland? 

Deutsch­land ver­fügt über eine der zuver­läs­sigs­ten Strom­ver­sor­gun­gen welt­weit. Um die Begrif­fe kurz zu erklä­ren: Bei einer Dun­kel­flau­te – zu wenig Erzeu­gung und zu viel Ver­brauch – und bei einer Hell­bri­se – zu viel Erzeu­gung und zu wenig Ver­brauch – han­delt es sich um unter­schied­li­che Sze­na­ri­en, die wie­der­um unter­schied­li­che Maß­nah­men erfor­dern, damit das Netz in Balan­ce gehal­ten wer­den kann. Bei einer Hell­bri­se kann die Abre­ge­lung von bei­spiels­wei­se gro­ßen PV-Anla­gen oder Wind­kraft­wer­ken als Schutz­me­cha­nis­mus die­nen, mit dem das Strom­netz in Balan­ce gehal­ten wer­den kann.


Deutsch­land ver­fügt über eine der zuver­läs­sigs­ten Strom­ver­sor­gun­gen weltweit.“


Auf der iberischen Halbinsel gab es im Frühjahr einen Blackout. Wird ausreichend in die Netzstabilisierung investiert, damit so etwas auch künftig nicht in Deutschland vorkommen kann?

Ein groß­flä­chi­ger lang­an­hal­ten­der Strom­aus­fall, wie er sich Ende April in Spa­ni­en und Por­tu­gal ereig­net hat, ist nach der­zei­ti­gem Kennt­nis­stand unwahr­schein­lich. Ein wesent­li­cher Unter­schied im Ver­gleich zur ibe­ri­schen Halb­in­sel liegt dar­in, dass Deutsch­land auf­grund sei­ner geo­gra­fi­schen Lage in der Mit­te Euro­pas bes­ser in das euro­päi­sche Ver­bund­netz ein­ge­bet­tet ist. Die­ses hat auch eine sta­bi­li­sie­ren­de Wir­kung. Und natür­lich leis­ten auch wir unse­ren regio­na­len Bei­trag, um eine zuver­läs­si­ge Ver­sor­gung unse­rer Kun­den sicher­zu­stel­len: Wir inspi­zie­ren unse­re Anla­gen regel­mä­ßig und über­wa­chen ihre Funk­tio­nen. Außer­dem for­cie­ren wir die Digi­ta­li­sie­rung in unse­ren Span­nungs­ebe­nen, was uns eben­falls dabei hilft, Stö­run­gen zeit­nah zu erken­nen und zügig zu behe­ben. Die Inves­ti­tio­nen in unse­re Netz­in­fra­struk­tur lie­gen bei der­zeit rund 300 Mil­lio­nen Euro im Jahr, mit stei­gen­der Ten­denz. Selbst­ver­ständ­lich trägt die umfang­rei­che Moder­ni­sie­rung unse­res Ver­teil­net­zes auch zur Erhö­hung der Ver­sor­gungs­si­cher­heit bei.

Vielen Dank für das Gespräch.

 Die Fra­gen stell­ten Chris­ti­an Marx und Dr. Robert Nehring.

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